19. - 22.12.2019: Saraguro - Gualaceo - Sigsig

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19. - 20.12.2019: Zamora via Loja nach Saraguro

Von Zamora aus geht es zurück nach Loja und dann Richtung Norden auf dem Panamerikanischen Highway. Eigentlich sind die Straßen in Ecuador in einem erstaunlich guten Zustand, aber dennoch ist jederzeit Vorsicht geboten, denn hier und da ist die Fahrbahn einfach abgesackt.

In Saraguro parken wir für eine Nacht beim Sportzentrum. Von hier aus geht man ohne Probleme in 20 Minuten oder so zu Fuß ins Dorf, wo abends gerade eine Weihnachtsprozession stattfindet. Schulkinder sind verkleidet und haben ihren Spaß! Saraguro ist eines der vielen, indigenen Dörfer und berühmt für seinen Sonntagsmarkt. Heute ist aber Mittwoch, dennoch bekommen wir einen Eindruck vom Leben und den Traditionen der Menschen hier. Männer wie Frauen tragen hier lange Röcke, auf dem Kopf sitzt ein schwarzer Bowler-Hut. Alle sind nett und aufgeschlossen und begrüßen uns freundlich - wir sind mal wieder die einzigen Ausländer hier.

Die Nacht beim Sportplatz ist zwar sicher, aber leider auch laut. Laute Samba-Musik aus der Boombusterbox im Auto weckt uns mehrfach! Junge Leute ... seufz!

Wir rollen weiter in Richtung Cuenca, die Panam geht rauf und runter - unser höchster Punkt liegt auf 3450m.

21. - 22.12.2019: Via Cuenca nach Gualaceo und Sigsig

Nach einer Nacht auf einer Tankstelle umgehen wir Cuenca auf der Ringstraße, denn unser Ziel sind zunächst die beiden indigenen Dörfer Gualaceound Sigsig, wo am Sonntag jeweils ein toller Markt stattfindet.

Samstagnachmittag stellen wir uns in Sigsig unten ans Flussufer - ein sehr schöner, ruhiger Platz. Das Dorf liegt nur wenige Hundert Meter entfernt oberhalb von uns. Ich schnappe mir die Kamera und erklimme die steilen Straßen - boah, San Francisco ist nichts dagegen! Viel gibt es heute nicht zu sehen, denn in der Mittagspause ist alles geschlossen und es ist heiß!

Wir besuchen am späten Nachmittag noch die Panama-Hut-Fabrik um die Ecke. Sie ist eine Kooperative von Frauen, die hier ganz traditionell die Panama-Hüte aus den Fasern der Toquilla Palme flechten. Hier findet man auch den größten Panama-Hut der Welt im Innenhof. Natürlich ist heute am Samstag niemand mehr am Arbeiten und so können wir nur noch das Museum, den Verkaufsraum und die zum Trocknen ausgelegten oder aufgehängten Hüte sehen.

Rund um Cuenca werden diese handgemachten Hüte gewoben und dann entweder direkt oder indirekt über Mittelmänner an die Hutfabriken in Cuenca verkauft, wo die Rohhüte gefärbt und geformt werden. Je nach Qualität dauert das Weben dieser Hüte ein oder mehrere Tage. In der Regel schafft eine qualifizierte Weberin einen Hut pro Tag und bekommt dafür zwischen 2,50 und 6,00 US$, der dann später für mehr als 50 US$ in die ganze Welt verkauft wird.

Nach Abzug der Kosten für das Toquillastroh bleiben da vielleicht ganze 2 US$ Lohn am Tag. Nicht viel, um davon überleben zu können. Ein Grund, warum die jungen Leute heute diese Familien-Tradition nicht mehr weiterführen wollen. Das Kunstwerk wurde über Jahrhunderte von einer Generation an die nächste weitergegeben, viele fingen und fangen auch heute noch im Alter von 6 bis 7 Jahren damit an. Es ist eine sehr schwer zu erlernende Kunst, die Jahre bis zur Perfektion braucht. Schade, wenn das irgendwann mal verloren geht.

Ich laufe am Sonntagvormittag alleine zum Markt in Sigsig hoch. Helen hat keine Lust auf Menschenmassen ... schade, denn das Gewimmel hier in den Straßen ist sehenswert! Und es gibt nur ganz wenige Touristen vor Ort. Indigene aus den umliegenden Orten kommen hier zusammen, um ihre Waren zu verkaufen oder den Wocheneinkauf zu machen. Überall sieht man Einheimische mit den weißen Panama-Hüten auf dem Kopf. Obendrein findet eine kleine Weihnachtsprozession statt. Mit anderen Worten, ich verbringe Stunden hier mit Fotografieren.

Ein lokaler Lehrer spricht mich im fließenden Englisch auf der Straße an. Octavio unterrichtet die Kinder hier in Englisch, er ist außerdem Leiter einer Theatergruppe. Von ihm erfahre ich, dass er leider sehr wenig Unterstützung von der Stadtregierung in Sigsig bekommt, um die junge Generation auf das moderne Leben vorzubereiten. Man will partout an alten Traditionen festhalten. Er will diese auch nicht zerstören, aber dennoch die Jugend auf die Zukunft vorbereiten, die auch hier in Ecuador anders sein wird - mehr Digitalisierung, alles höher, schneller, weiter! Ein interessantes Gespräch, das mir einen guten Einblick in die lokalen Probleme gibt.

Ich hoffe, dass dennoch viele der wirklich schönen Traditionen weiterhin in Ecuador gelebt werden. Es wäre echt schade, wenn dieses farbenfrohe - Schwerpunkt hier auf das Wort "froh" - Leben verloren gehen würde. Es macht Ecuador so unglaublich sympathisch und sehenswert. Im Video kann man wunderbar sehen, mit welcher Freude und Engagement auch die jungen Leute Spaß an ihren Traditionen haben. Eine junge Tänzergruppe stellt sich für ein Foto auf und eine der Mütter sagt mir stolz den Namen der Gruppe. Anschließend tanzen sie fröhlich über die Kopfsteinpflasterstraßen von Sigsig - in dünnen Latschen! Da tun mir beim Zugucken schon die Füße weh!

Gegen Mittag machen wir uns von Dannen und stoppen ganz spontan gegen 13 Uhr beim Café Alemán nahe Chordeleg und genießen eines der vielen tollen Tagesmenüs - eine leckere Käsesuppe zum Auftakt, anschließend gegrilltes Huhn und Schweinefilet mit Reis und Bohnen. Super lecker und günstig!


Sonntagsmärkte in Gualaceo and Sigsig sind einen Besuch wert.

Bevor wir zurück nach Cuenca fahren, halten wir noch einmal in Gualaceo. Ich will dort noch ein paar Fotos vom Sonntagsmarkt machen und habe zum Glück schon gegessen. Hier gibt es nämlich die gerösteten ganzen Schweine mit einer sehr leckeren Kruste. Eine der Marktfrauen reicht mir strahlend ein Stück zum Probieren ... soooo saftig und wirklich köstlich! Um die Ecke werden Cuys - Riesenmeerschweinchen - gegrillt. In den Anden gehören sie genau wie Rind und Schwein auf den Teller. In Bolivien sind sie die einzige Fleischvariante, denn auf über 4000 Höhenmetern kann man keine Kühe oder Schweine züchten. Da ich früher mal ein Meerschweinchen (Molly) gehabt habe, tue ich mich schwer mit dem Essen dieser niedlichen Tiere. Andere berichten, sie schmecken wie Hähnchen und sollen köstlich sein. Glauben wir das einfach mal!

Am Nachmittag erreichen wir Cuenca. Für nur 5 US$ pro Person stehen wir auf dem kleinen Campingplatz - Cabañas Yanuncay. Ein idealer Platz, um in aller Ruhe Weihnachten und Neujahr in Cuenca zu verbringen, aber dazu mehr in unserem nächsten Bericht.