02. - 05.01.2020: Biblián - Alausí - Vulkan Chimborazo - Laguna de Yambo

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02.01.2020: Cuenca nach Biblián

Nach unserer sehr schönen Reisepause in Cuenca ist es Zeit weiterzufahren ... leider! Unsere Zeit in Ecuador ist ja begrenzt, da wir einige der zugelassenen 90 Tage für die Rückreise durch das Land in Richtung Süden sparen müssen. Also packen wir zusammen und sagen Tschüß bei Maria und Umberto. Im Supermarkt um die Ecke stocken wir erst einmal unsere Essensvorräte auf. Obendrein ist Kaffeezeit und so kommen wir anschließend mal wieder spät los.

Wir fahren ganze 42km und stoppen in Biblián, um uns die berühmte Kirche anzuschauen, die in einen Berghang gebaut wurde. Eine der Innenwände ist aus Fels! Wir müssen einen sehr steilen Hügel hinauffahren, um in die Stadt zu gelangen, aber die Straße zur Kirche iat noch steiler. Zu steil für Winnietwo! Deswegen parken wir unten in einer Straße. Während Helen das Abendessen vorbereitet - Hühnchen wird in Knoblauch eingelegt - mache ich mich zu Fuß zur Kirche auf. Boah, ist das anstrengend! Die Straße hat locker eine 40%ige Steigung und das geht echt in die Beine! Na ja, das Santuario Católico de la Virgen Del Rocío ist eben eine Pilgerkirche und Pilger hatten es noch nie einfach ... schließlich soll ja auf dem Weg schon Buße getan werden. Stöhn ... schnauf!

Der Anstieg lohnt sich aber ... die Kirche ist echt sehenswert und mal was ganz anderes. Sie ist nicht nur AUF sondern auch IN den Felsen gebaut. Ich habe sie ganz für mich alleine und kann in aller Ruhe meine Fotos machen. Der Blick von oben auf Biblián ist obendrein fantastisch. Helen macht sich nach meiner Rückkehr auf, aber leider ist die Kirche ab 18 Uhr schon geschlossen. Dafür gehen draußen die Lichter an und die Kirche leuchtet wie ein goldener Riesendiamant.

Wir beschließen die Nacht über auf der ruhigen Straße stehen zu bleiben und kochen uns ein leckeres Curry mit Reis.

03.01.2020: Biblián nach Alausí

Am nächsten Tag wollen wir eigentlich zu den Ingapirca Ruinen fahren, aber es regnet in Strömen - den ganzen Tag - ein richtig miserables Wetter! Das hatten wir schon lange nicht mehr! Wir fahren dennoch weiter in Richtung Norden ... vielleicht haben wir mehr Glück mit dem Wetter, wenn wir in ein paar Monaten die gleiche Strecke wieder in Richtung Süden fahren.

Die Panamericana zwischen Cuenca und Alausí gehört laut Reiseführer zu den schönsten Bergstraßen in Ecuador. Schade, dass wir den ganzen Tag nur durch Regen, Nebel und dichte Wolken fahren! Wenige Kilometer von Alausí entfernt finden wir einen guten Übernachtungsplatz am Río Zula.

04.01.2020: Alausí nach Calpi

Alausí ist Ausgangsort für eine berühmte Zugfahrt. 1895 wird General Eloy Alfaro Präsident von Ecuador und kündigte den Bau einer neuen Eisenbahnlinie an, die die Küstenstadt Guayaquil mit der Hauptstadt Quito im Hochland verbindet. Viele Menschen dachten damals, die Anden könnten nicht mit der Bahn erobert werden. Präsident Alfaro beauftragte trotzdem eine US-amerikanische Firma mit dem Bau der "schwierigsten Eisenbahnlinie der Welt". Der Bau begann 1899 - keine leichte Aufgabe!

Häufige seismische Aktivitäten, starke Regenfälle, Jaguare, Giftschlangen, Malaria, Ruhr und Gelbfieber verzögerten den Fortschritt. Der technisch anspruchsvollste Teil dieser Eisenbahnstrecke war jedoch eine schiere Felswand, die als Teufelsnase oder Nariz del Diablo bekannt ist und sich zwischen Alausí und Sibambe befindet. Um diese 800 Meter hohe Klippe zu überwinden, hauten die Ingenieure eine Reihe steiler Serpentinen in die Bergwand, die es dem Zug ermöglichten, mit einem Gefälle von 1 zu 18 zu steigen, indem sie abwechselnd die Gleise vor- und zurückfuhren.

Bis zum Ende des Baus des Streckenabschnitts Nariz del Diablo waren mehr als 2.000 Arbeiter an Krankheiten, Erschöpfung oder dem Klima gestorben. Unter den Opfern befanden sich Arbeiter aus den englischen Kolonien in der Karibik, hauptsächlich aus Jamaika, sowie Hunderte von Gefangenen, die gezwungen waren, mit Freiheitsversprechen zu arbeiten, und Major John Harman, der Chefingenieur des Projekts.

Dennoch war die Fertigstellung und Erstbesteigung von Nariz del Diablo im Jahr 1902 eine der unglaublichsten Leistungen der Bahntechnik zu dieser Zeit. Die Bahnlinie wurde mit Unterbrechungen weiter betrieben, bis 1997 Erdrutsche während El Niño die Gleise verwüsteten und die gesamte Linie effektiv stilllegten. Derzeit ist nur eine 12km lange Strecke von Alausí nach Sibambe geöffnet, die Touristen durch wunderschöne Berglandschaften und einen aufregenden Abstieg über die Teufelsnase führt.

Die Zugfahrt kostet 30 USD pro Person für eine sehr langsame Fahrt. Darauf haben wir keine Lust und fahren stattdessen bei strahlendem Sonnenschein zu einem Aussichtspunkt, um uns das Spektakel von oben in aller Ruhe anzuschauen.

Aussichtspunkt nahe Alausí auf die Nariz del Diablo - 360° Panorama
(mit gedrückter Maus über das Panorama fahren oder auf die Pfeiltasten klicken)


Wir stapfen in unseren Hauslatschen (wie blöd kann man manchmal sein!) den steilen Hügel bis zur Antenne hoch. Von hier aus haben wir einen super 360° Blick in die umliegenden Täler ... auf der einen Seite Alausí ... auf der anderen einen sehr guten Blick auf die Nariz del Diablo und die Serpentinen der Zuggleise.

Pünktlich fährt der Touristenzug um 11 Uhr in Alausí ab - wir hören sogar das laute Tuten hier oben auf dem Hügel!! Wir können gut beobachten, wie sich der Zug durch Alausí und dann anschließend langsam durch das Tal schlängelt. Doch leider kommen nun in Windeseile die Wolken ins Tal und es wird stürmisch. Hier und da können wir den Zug durch die Wolken noch mal sehen, aber die Nariz del Diablo ist schon komplett bedeckt. Auf unserem Video kann man so gerade mal erahnen, wie sich der Zug durch die Serpentinen nach unten bewegt. Früher durften Touristen oben auf dem Dach der Waggons sitzen, aber auch das ist heute nicht mehr erlaubt. Ob die relativ kurze Zugfahrt die 30 US$ Wert ist?

Wir fahren weiter nach Alausí und finden einen Parkplatz an der Hauptstraße. Unser Heck sticht ein wenig raus, aber ich will ja nur schnell ein paar Bilder von der Bahnstation machen ... ich bin gleich wieder zurück, Helen! Einen Bahnhof finde ich nicht, lediglich die Schienen mit einer Plattform zwischen den Häusern - trotzdem macht Alausí einen sympathischen Eindruck auf mich. In iOverlander hatten wir gelesen, dass hier aber auch schon in Fahrzeuge eingebrochen wurde, deswegen ist Helen beim Auto geblieben.

Von weitem sehe ich schon, dass Winnietwo von Beamten umringt ist. Scheiße, hat die Polizei uns einen Strafzettel verpasst? Beim näher kommen sehe ich aber, wie Helen sich ganz entspannt auf Spanisch mit neugierigen Feuerwehrleuten unterhält. Wir haben - ohne es zu merken - gegenüber der Feuerwache geparkt und die jungen Männer wollen alles über unseren Motor und unser Wohnmobil wissen!

Ich frage sie, wo denn hier der Gemüsemarkt ist? Nur zwei Straßenblöcke weiter ... super! Bin gleich wieder da, Helen! Denkste! Auf dem Weg zur Markthalle laufe ich in eine Weihnachts-Prozession hinein ... hören die in Ecuador nie auf? Da ich die Kamera immer noch um den Hals habe, mache ich natürlich Fotos und Videos und das dauert.

Unseren Cappuccino-Stopp legen wir dieses Mal in Guamote ein. Hier gibt es jeden Donnerstag einen tollen Markt, aber heute ist Samstag und im Dorf ist tote Hose. Weiter geht es zur ältesten Kirche Ecuadors in Colta. Sie wurde 1534 erbaut. Mich faszinieren aber die vielen Meerschweinchen-Stände am Straßenrand. Die Panamericana führt direkt durch Colta und entsprechend machen hier viele Leute einen Stopp. 45 Minuten dauert das Brutzeln eines Cuys, aber irgendwie können wir uns nicht dazu bringen, eines mal zu probieren ... schon die kleinen Zähnchen und Öhrchen lassen uns erschaudern.

In Calpi geht es von der Panamericana auf die Abzweigung zum berühmten Chimborazo Vulkan. Laut iOverlander kann man über Nacht hinter der Polizeistation in Calpi parken und die sehr netten Beamten erlauben uns das auch. Hinter dem Volleyballfeld stellen wir uns auf den Rasen - Hundescheiße überall, aber wenigsten stehen wir hier sicher ... gegenüber befindet sich der Friedhof, also ist es nachts ruhig!

Dunkle Wolken ziehen auf, aber wir können zumindest den Fuß vom Chimborazo schon mal sehen. Hoffentlich ist morgen früh schönes Wetter!

05.01.2020: Calpi via Chimborazo Vulkan nach Laguna de Yambo

Um 7 Uhr klingelt der Wecker. Ich reiße die Gardine beiseite und sehe strahlenden Sonnenschein. Supi! Schnell rein in die warmen Klamotten und raus, um zu gucken, ob der Chimborazo wolkenfrei ist. Yep!!! Helen, raus aus den Federn! Schnell eine Tasse Tee trinken und dann die 31km hoch zum Eingang des Nationalparks fahren.

Chimborazo ist ein erloschener Vulkan und nicht nur Ecuadors höchster Berg (6.263m über Meeresspiegel). Nein, er ist der höchste Berg der Welt, gemessen vom Mittelpunkt der Erde. 2.163m höher als der Mount Everest! Das liegt daran, dass sich die Erde am Äquator wölbt und dieser ist ja nur einen Längengrat von Chimborazo entfernt ist.

Auf dem Weg sehen wir den Chimborazo in voller Größe, aber die ersten Wolken hängen schon an seiner Ostflanke. Ein paar Minuten später - um 9.30 Uhr - biegen wir auf den Parkplatz am Eingangstor zum Nationalpark ab - und wir sehen nichts! Eine dichte Wolke sorgt für Nebel! Hmmmm ... das sieht nicht gut aus. Ich renne - noch in Hauslatschen - los und schaue mich beim Besucherzentrum um. Helen kommt ein paar Minuten später nach. Was wollen wir machen? Eine unbefestigte Straße führt 8km bis auf 4.800 Höhenmeter zum ersten Refugio hoch. Durch den Nebel sehen wir einen Bus die Straße hoch rumpeln. Wollen wir das Winnietwo wirklich antun und lohnt es sich überhaupt, wenn jetzt alles in den Wolken ist?

Während ich ein paar Bilder von wilden Vicuñas mache, hält Helen Ausschau nach einem Taxi. Es ist so früh schon einiges los hier am Eingang und prompt fährt ein gelbes Taxi auf den Parkplatz. Zwei junge Männer steigen aus. Na, da ist doch noch Platz für zwei ältere Damen, oder? Wir sprechen einen der beiden Männer an. Paul ist Belgier und hat kein Problem damit, dass wir mit den beiden zum Refugio hoch fahren. Super!

Wir rennen schnell zu W2 zurück, schmeißen Regenjacken und was zu Essen und zu Trinken in unseren Rucksack und ziehen uns die Wanderstiefel an. Im Taxi lernen wir Pauls Partner Rafael kennen. Er kommt ursprünglich aus Belo Horizonte, aber die beiden leben seit zwei Jahren in Australien. Sie haben sich ein Jahr frei genommen, um die Welt zu bereisen - bisher von Australien nach Honolulu, Kanada, USA, Mexiko-Stadt, die Halbinsel Yucatan, Belize, Honduras und Ecuador. Weiter geht es nach Peru und Chile und anschließend nach Europa. Die Hälfte ihrer Reise ist schon vorbei.

Vom Eingang des Chimborazo-Nationalparks (4.300m, Eintritt ist kostenlos) dauert die Taxifahrt 40 Minuten, um auf 4.800m zu fahren. Die Waschbrettstraße ist in einem schlechten Zustand mit vielen tiefen Wasserfurchen. Gut, dass wir das unserem Winnietwo erspart haben!

Oben beim ersten Refugio gibt uns David - der Taxifahrer - zwei Stunden für die Wanderung zum oberen Refugio. Es liegt auf 5.000m und ich lasse Helen und die Jungs vorlaufen. Wir sind nicht akklimatisiert und ich habe ja immer Probleme mit der Höhe. Schön langsam, Kirsten! Helen hatte noch nie die Höhenkrankheit und die Jungs waren vor ein paar Tagen bereits auf dem Cotopaxi.

Alleine bin ich dennoch nicht, denn es ist ganz schön was los hier heute. Ich breche zeitgleich mit einer Gruppe junger Leute auf, die einen Führer dabei haben. Er legt regelmäßige Pausen für die Gruppe ein und sie machen Lockerungsübungen auf der Stelle, um die Blutzirkulation zu fördern. Ich gehe langsam aber stetig meinen Schritt und mache hier und da meine Fotopause. Helen und die Jungs sind schon ein ganzes Stück weiter. Fit wie ein Turnschuh ist meine Süße!!!

Das Wetter wechselt hier oben von Minute zu Minute. Mal sieht man den Chimborazo in der Sonne, dann kommt von unten die nächste Wolke angerollt und man sieht vor lauter Nebel die Hand vor den Augen nicht mehr. Immerhin regnet es nicht! Ich schaffe es bis zum oberen Refugio, aber Helen und die Jungs sind schon auf dem Weg zur kleinen Lagune, die noch einmal 100m weiter oben liegt. Dort hat jemand einen Schneemann gebaut, aber die schmutzige braune Lagune ist die weitere Anstrengung nicht wert! Wie machen noch ein paar Bilder und drehen wieder um.

Das hat echt Spaß gemacht mit Paul und Rafael! Vielen Dank, dass ihr uns mitgenommen habt. Als Dankeschön steuern wir 10 Dollar für die Taxikosten bei. David lädt uns alle wieder ins Auto, aber wir fahren keine 5 Meter, da müssen wir schon wieder aussteigen. Das Taxi hängt in mit der Karosserie in einer Delle fest und kommt nicht mehr voran - wie sind zu schwer!!!

Unten verabschieden wir uns von unseren neuen Freunden und machen erst einmal ein Frühstück in unserem warmen Zuhause - Erdbeeren und Bananen mit Müsli und Joghurt. Lecker! Draußen fällt gerade Schneeregen vom Himmel - es ist stockdüster und den Chimborazo sieht man gar nicht mehr! Brrrr! Ein Blick in den Spiegel sagt alles: wir haben die Sonnencreme vergessen und entsprechend rote Nasen!!

Nach dem Frühstück fahren wir wieder runter zum Panamerican Highway. In dem kleinen Dorf San Juan stehen vor der Kirche viele Menschen in traditionellen Kleidern. Helen, halt mal an, das muss ich mir angucken. Das Fernsehen dreht eine Dokumentation und die Darsteller bemühen sich im stürmischen Wind einen Volkstanz aufzuführen. Die ein oder andere verliert dabei fast ihren Hut!

Kaum sind wir wieder auf der Panamericana scheint die Sonne. Wir fahren weiter gen Norden, rechts und links türmen sich immer wieder hohe Vulkane auf - alle über 5.000m hoch und zum Teil noch sehr aktiv. Die größere Stadt Ambato umfahren wir auf der Ringstraße. Nördlich davon soll es laut iOverlander einen guten Stellplatz an der Laguna de Yambo geben. Die Abfahrt von der Panam ist aber sehr steil, zum Glück jedoch geteert. Um 17.30 Uhr kommen wir auf dem großen Parkplatz an und finden noch einen Platz. Es ist Sonntag und der Parkplatz ist brechend voll. Hier unten am Wasser gibt es nette Restaurants, einen Bootsverleih und einen Kinderspielplatz. Eine nette Atmosphäre - wir beschließen zu bleiben, vielleicht wird es abends ja etwas leerer hier.

Und tatsächlich, ab 22 Uhr haben wir den Parkplatz für uns alleine. Herrlich! Am nächsten Morgen ist es wunderbar windstill, die Lagune spiegelt sich im Wasser. Eigentlich könnte man hier in der Woche ganz ruhig den ganzen Platz kostenlos für sich alleine haben, aber wir wollen weiter. Dazu mehr im nächsten Bericht.


Viel Spaß in den Ecuadorianischen Anden