03. - 05.02.2020: Silvia

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03.02.2020: Popayán nach Silvia

58km nordwestlich von Popayán liegt das kleine indigene Dorf Silvia - Amei hat uns damals diesen Tipp in Arequipa gegeben. Sie hat einige Zeit bei Kika und Anouar auf dem La Bonanza Campingplatz verbracht. Die beiden leben mit ihren drei Kindern auf einem Gelände, dass früher mal einem der größten Drogenbosse Kolumbiens gehört hat. Kika und ihre Familie stammen aus Marokko und haben drei Jahre lang die Welt in ihrem Wohnmobil bereist. Auf ihrer Durchreise durch Kolumbien haben sie dieses tolle Grundstück entdeckt und dann anschließend gekauft.

Vor 5 Jahren wurde dann ein sehr schöner Campingplatz eingerichtet - mit heißer Dusche, gutem WiFi und einem großen Kiesplatz, auf dem man wunderbar auch in der Regenzeit stehen kann. Normalerweise kommen viele Franzosen hierher, denn Kika und Anouar sprechen natürlich fließend Französisch - genauso wie Spanisch und Englisch - und haben für Kolumbienreisende eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet.

Auf ihrer Weltreise mussten sie große Schwierigkeiten mit ihren drei Kindern, die damals im Alter von 7, 8 und 9 Jahren waren, überwinden, da marokkanische Pässe in vielen Ländern nicht akzeptiert werden! Sie wurden schließlich Botschafter für ihr Land und haben sozusagen auf diplomatischem Wege über die jeweiligen Konsulate der bereisten Länder die Einreisegenehmigungen erhalten. Eine faszinierende Geschichte!

Es ist so schön und nett hier, dass wir gleich drei Nächte bleiben. Jeden Abend gegen 17.30 Uhr laden Kika und Anouar alle Campern zu Pfefferminztee und Snacks auf der Terrasse ein. Außer uns sind noch drei Schweizer, ein Französisch-Spanisches Pärchen und der Engländer Mark mit seinen beiden Töchtern da. Stundenlang schnacken und lachen wir zusammen und Kika erzählt uns von ihren vielen Abendteuern.

04.02.2020: Silvia

Jeden Dienstag findet ein Wochenmarkt in Silvia in einer großen Halle statt. Kika nimmt uns in das ca. 15km entfernte Dorf zum Einkaufen mit. Man kennt sie hier, denn Kika und Familie haben eine Weile hier gelebt und Kika fällt mit ihren Rostroten Haaren schon von weitem auf. Sie wird von vielen herzhaft begrüßt und nutzt ihre Kontakte, um uns in aller Ruhe an einem Obststand in der Halle Früchte probieren zu lassen, die wir noch nie gesehen, geschweige denn gegessen haben.

Aber wir sind nicht nur zum Einkaufen hier. Silvia ist die zentrale Stadt in dieser kleinen Bergregion, in der die Guambianos Ureinwohner leben. Sie nennen sich Wampi-Misamera oder das "Volk von Guambía". Ihre Siedlungen an den Flanken des Mittelgebirges im Nordosten des Departements Cauca ist für Außenstehende nicht zugängig - oder nur mit einer Sondererlaubnis der Gemeinde.

Kika erzählt uns, dass ein französisches Pärchen ohne Wissen mit ihrem Wohnmobil in die Sperrzone gefahren ist, obwohl dort an den Zufahrtsstraßen wohl große Hinweisschilder auf Spanisch stehen. Das Paar suchte sich einen guten Stellplatz für die Nacht und wurde dann von den Einheimischen festgenommen. Nur mit vielen Erklärungen und Mühe kamen sie anschließend wieder frei. Man kann aber geführte Touren in diese Region machen, die von den Guambianos geleitet werden.

Die Guambianos sind ein traditionell landwirtschaftliches Volk. Sie bauen viele Kartoffeln, Mais und Ulluco an, denn Kohlenhydrate sind die Hauptquelle der guambischen Ernährung. Es gibt eine strickte Arbeitsteilung: Aktivitäten, die "mit dem Kopf" durchgeführt werden, sind ausschließlich Männern vorbehalten, wie z. B. politisches, kommerzielles und magisch-religiöses Leben. Frauen sind ihrerseits verantwortlich für "Aktivitäten, die mit der unteren und mittleren Körperregion" zu tun haben, mit anderen Worten für den Sex und die Fortpflanzung. Männer und Frauen arbeiten jedoch gemeinsam in der Landwirtschaft. Hallelujah!

Ihre Sprache - genannt Namtrik - wird von Generation zu Generation mündlich und wenig schriftlich übertragen. In ihr wird vor allem die Geschichte und die Identität der Guambianos aufrechterhalten und bewahrt.

Auf dem Markt findet man auch einige Stände mit Kräutern, die von vielen Einheimischen umringt sind. Der Murbik ist der guambische Heiler, ein Spezialist für die Behandlung mit magischen und medizinischen Pflanzen zur Vorbeugung und Heilung aller Arten von Krankheiten. Er ist auch der Vermittler zwischen Mensch und Geistern und verantwortlich dafür, dass die Seele der Verstorbenen einen neuen Ort finden.

Die Guambianos sind wirklich ein spezielles Volk. Sie fallen schon aufgrund ihrer komisch geformten Nasen (Inzest?) und ihrer Kleidung auf. Männer wir Frauen tragen Röcke, dazu eine Art Lederstiefel mit bunten Schnürsenkeln. Die Kopfbekleidung ist entweder ein schwarzer Bowlerhut oder ein traditioneller, flacher, geflochtener Tampalkuari-Hut. Diese von Frauen und Männern getragenen Hüte sind spiralförmig gewebt und repräsentieren die drei kreisförmigen Ebenen des Payan-Hauses (heiliger Ort für die Guambianos). Die erste Ebene ist die der Medizin, die zweite das der Autorität und die dritte das der Spiritualität.

Sie sind ein freundliches Volk und zumindest auf dem Markt Touristen gegenüber aufgeschlossen, allerdings sollte man beim Fotografieren entweder fragen oder aufpassen. Ein besoffener Guambiano regt sich draußen vor dem Markt darüber auf, dass ich von Helen und Kika ein Foto mache mit den Guambiano-Frauen im Hintergrund.

Nach dem Einkaufen brauchen wir erst einmal eine Stärkung. Kika nimmt uns zu dem sehr schönen Molino Dorado Café mit, sie kennt die Besitzer. Der Innenhof und die angrenzenden Räume sind mit vielen antiken, aber auch modernen Sachen und Bildern dekoriert. Mir erklärt der heutige Besitzer, dass dies mal das Haus seiner Großeltern war. Wir bestellen Cappuccinos und Kuchen und genießen die Ruhe nach dem Trubel auf dem Markt. Kika muss dann anschließend den Rest ihrer Einkäufe erledigen und nach Hause fahren. Sie erklärt uns, wie wir mit dem Bus wieder zurückbekommen und wir machen uns auf den Weg, um das Dorf zu erkunden.

Silvia ist wunderschön in den Bergen gelegen und Künstler haben die Häuser mit wirklich beeindruckenden Wandmalereien verziert. Ich bin voll in meinem Element! Und das Wetter spielt auch noch mit. Ein richtig toller Tag!

90 Minuten später haben wir schon wieder Hunger und gehen Mittagessen. Zum ersten Mal in unserem Leben probieren wir Papas Rellenas - große frittierte Kartoffelbällchen gefüllt mit Schweinefleisch, Reis und einem gekochten Ei. Saulecker!! Wir bestellen gleich noch einmal eine zweite Fuhre hinterher. Dazu gibt es frisch ausgepresste Fruchtsäfte - Brombeere, Lulo und Guayabana für mich und einen ziemlich bitteren Maracuja-Mangosaft für Helen. Wir müssen nach Zucker fragen ... :).

Anschließend gehen wir noch mal zum Markt und kaufen einen kleinen Blumentopf als Dankeschön für Kika. Auf dem Rückweg zum zentralen Platz entdecke ich in einem kleinen Laden noch günstige, aber sehr stabil aussehende Clogs. Die Besitzerin freut sich über unser Interesse und bietet uns einen Sitzplatz zum Probieren an. Wir kaufen je ein Paar!

Den Ticketschalter für das Vorbezahlen der Busse finden wir auch. Ich habe sogar noch Zeit uns ein Eis zu holen. Mehrere andere Fahrgäste schlecken neben uns ein sehr erfrischend aussehendes Waffeleis, das es für umgerechnet 50 Cent in einem der Läden gibt. Da wir heute so ziemlich die einzigen Touristen hier sind, behalten die umstehenden Fahrgäste ein Auge auf uns und sagen uns Bescheid, als nach gut 30 Minuten dann unser Bus zum Einsteigen bereit ist.

Dem Busfahrer sagen wir, dass wir bei Finca La Bonanza aussteigen möchten ... er nickt ... und hält 25 Minuten später direkt vor der Einfahrt. Super! Ein toller Tag, den wir in vollen Zügen genossen haben!

05.02.2020: Silvia

Wir gönnen uns einen Ruhetag - es ist einfach zu schön hier! Kika und Arnouar haben heute alle Camper zu einem Spaghetti-Bolognese-Mittagessen eingeladen - die Mädels haben gekocht! Und abends sitzen wir wieder in großer Runde auf der Terrasse zusammen. Wir haben in diesen 3 Tagen mehr geredet als in den letzten drei Monaten!!!

Kika und ihre Familie sind wirklich fabelhafte Gastgeber und freuen sich selbst über die vielen lustige Geschichten aus aller Welt. Die Chemie stimmt einfach! Wir möchten eigentlich gar nicht abfahren, aber wir haben ja nur 90 Tage in Kolumbien und es steht noch einiges auf dem Plan.


Tour in Popayán. Toller Markt in Silvia. Vogelparadies Finca Finca Alejandría.