09. - 11.02.2020: San Cipriano - Lago Calima

Klicken Sie auf ein Bild, um es größer anzuzeigen.



09. - 11.02.2020: San Cipriano & Lago Calima

Unglaublich, aber am nächsten Morgen ist es trocken und wir können auf unsere Tagestour nach San Cipriano gehen. Von unserem Stellplatz aus laufen wir direkt über eine Autobahnbrücke - unter uns die vierspurige Ruta 40. Auf der anderen Seiten kaufen wir an einem kleinen Kiosk zwei Tickets für die Hexen-Bahn (4 US$ pro Person). Anschließend müssen wir über eine recht wackelige Hängebrücke den Fluss überqueren. Das Abenteuer beginnt!

Vorher aber noch eine kurze Zusammenfassung zur Geschichte dieser Hexen-Bahn. Die eingleisige Bahnstrecke mit dem Namen El Ferrocarril del Pacífico ist die historische Verbindung zwischen dem Hafen von Buenaventura und der Hauptstadt der Region Cauca - Cali. Nach fast 40 Jahren Bauzeit fuhr der erste Zug am 1. Januar 1915 und erleichterte den Transport von Waren, vor allem Kaffee, Zucker, Rindfleisch, Kohle und Bananen. Vor der Eisenbahn gab es kein Straßennetz in dieser Region und so wurden die Waren mit Eselskaravanen transportiert, was nicht selten gute 20 Tage dauerte.

Die ersten 27km der Schienen zwischen Buenaventura und Córdoba wurden bereits 1882 eingeweiht und kurz hinter Córdoba liegt San Cipriano. Die Eisenbahn erlebte ihren Aufschwung zwischen den 30er und 60er Jahren. Es kam zu wirtschaftlichem und industriellem Wachstum und mit diesem zu einer Reihe von Einwanderern, hauptsächlich von Farbigen aus dem Pazifikraum. Die Einwohner hier haben eine ganz dunkle Hautfarbe und sprechen einen Dialekt, den wir nicht verstehen können. Sehr Karibisch-angehaucht!

Ende der 60er Jahre wurde die Eisenbahn dann nach und nach durch den schrittweisen Bau von Straßen, die zunehmende Ankunft von Autos und Anhängern und den niedrigen Kraftstoffpreis verdrängt und entsprechend eingestellt. Nun mussten sich die damaligen Bewohner von San Cipriano etwas einfallen lassen, denn bis heute gibt es keine Straßenverbindung zu diesem kleinen Ort. Am Anfang verwendete man Holzplattformen mit untergeschraubten Rollen, die man per Hand über das Gleis schob. Vor ca. 40 Jahren hatte dann jemand die Idee für den Antrieb Motorräder zu benutzen. Und so entstanden die sogenannten "Brujitas" (kleine Hexen). Das Vorderrad des Motorrads wurde auf eine Holzplattform aufgebockt und fixiert. Das Hinterrad steht auf der Schiene, sodass man Gasgeben und Bremsen kann. Unter der Holzplatte befinden sich kleine Räder aus Metall und auf die Plattform werden Bänke gestellt, damit die Passagiere "bequem" sitzen können. Genial! So etwas haben wir woanders noch nie gesehen und dabei scheint es eine so einfache Lösung zu sein!

Und nun zu unserer Hexen-Fahrt:
Wir müssen ein paar Minuten warten bis es genügend Mitfahrer gibt, aber das gibt uns die Gelegenheit uns die Brujitas schon mal genauer anzuschauen. Ich nehme natürlich ganz vorne Platz, damit ich ein Video auf der Hinfahrt machen kann. Schaut es euch unten einfach an. Die Fahrt dauert etwa 15 bis 20 Minuten und ist ganz schön rasant und holprig. Man rauscht nur so durch den Dschungel und durch zwei kleine Tunnel. Der Fahrtwind tut aber richtig gut in dieser Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit.

San Cipriano ist ein interessanter Ort. Es gibt ca. 15 Häuser, die ganz einfach aus Holz, Backsteinen und Wellblech gebaut sind. Ein paar kleine Pensionen, Restaurants und Läden zum Mieten von Gummireifen und Schwimmwesten machen hier ihr Geld mit dem Tourismus. Am Ende der Dorfstraße erreichen wir das moderne Eingangstor zum Naturreservat. Der Eintritt kostet etwa 70 US-Cent pro Person.

Ein breiter Pfad führt durch das Naturreservat. Mehrere Abzweigungen gehen davon zum Río Escalarete runter. Der Wasser im Fluss ist kristallklar und super sauber und lädt zum Baden ein. Viele nutzen auch einen Gummireifen und lassen sich gemütlich von der Strömung dahintreiben. Überall flattern Schmetterlinge von einer bunten Blüte zur nächsten. Ich treffe auf einen Vogelkundler, der gerade einen wunderhübschen Vogel mit gelber Halskrause im Visier seines Monsterkamerazooms hat. Ich schleiche mich direkt hinter ihn und mache mit meiner Kompaktkamera, die ja auch einen 600er-Zoom hat, ein gutes Foto. Ohne den Fotografen hätte ich den Vogel im dichten Regenwald aber gar nicht gesehen. Danke!

Zwei Stunden laufen wir durchs Reservat. Es ist heiß und sehr feucht und wir schwitzen extrem. Da kommen die kleinen Wasserfälle gerade gelegen. Da niemand außer uns da ist, ziehen wir alles bis auf die Unterwäsche aus und erfreuen uns an der Erfrischung. Herrlich!

Auf dem Rückweg flattert ein Tukan 100m vor uns über die Straße. Ich sehe das per Zufall und merke mir seine Landestelle in den Bäumen. Wir schleichen uns vorsichtig ran ... er fliegt nicht weg, sondern guckt uns mindestens genauso neugierig an, wie wir ihn. Unsere knallig-farbenen T-Shirts findet er wohl interessant und kommt sogar näher geflogen.

Mit der Brujita geht es dann wieder zurück zu unserem Parkplatz. Die Plattform ist dieses Mal sehr voll und wir sitzen hinten. Helen hat ständig die langen Haare von der Frau vor ihr im Gesicht! Wir sitzen so dicht gedrängt hintereinander auf der Bank, dass Helens Busen eingequetscht wird. Madame is not amused! :)

Dieses Mal haben wir auch zweimal Gegenverkehr. Da die Schienen einspurig sind, muss eine Brujita immer von den Gleisen gehoben werden. Wir können beide Male sitzen bleiben, denn unsere Plattform ist deutlich voller als die anderen und da scheint es hier ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, wer absteigen und den Weg räumen muss. Ein wirklich toller Tag, den wir nicht hätten missen wollen. Das hat Spaß gemacht!

Auf Winnietwo wurde in unserer Abwesenheit auch gut aufgepasst. Wie trinken noch schnell eine Tasse Kaffee und fahren dann am Nachmittag noch weiter bis zum Lago Calima. Auf der Ruta 40 müssen wir dieses Mal in die entgegengesetzte Richtung nur durch 5 Tunnel durch, aber dafür gibt es deutlich mehr Verkehr und wir hängen hinter den vielen Lastern fest.

Dennoch erreichen wir den kostenlosen Stellplatz beim Lago Calima noch bevor es dunkel wird und bleiben gleich zwei Nächte hier. Der See ist geeignet zum Baden - uns war das Wasser aber etwas zu kalt - und zum Kitesurfen. Hier weht eine heftige Brise und die Kitesurfer rasen hier in einem Affentempo über die glatte Seeoberfläche.


Geniale Hexenfahrt durch den Dschungel.