17. - 23.02.2020: Medellín

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17.02.2020: Salento nach Mirador Tambo Jardín Finlandia

Von Salento aus sollte es eigentlich direkt nach Barranquilla an der Nordküste gehen. Ich wollte unbedingt zum Karneval. Es ist der zweitgrößte in Südamerika nach Rio de Janeiro und findet dieses Jahr vom 22. bis 25. Februar statt, also an meinem Geburtstag. Barranquilla ist jedoch fast 1000km von Salento entfernt und wir haben nur noch vier Tage Zeit, um dorthin zu gelangen.

Wir brauchen aber erst einmal ein neues Relais für unseren Motorlüfter und so fahren wir zunächst wieder in Richtung Süden nach Armenia - eine größere Stadt, in der wir hoffentlich fündig werden. Es ist wahnsinnig heiß heute und wir finden in der Innenstadt keinen Parkplatz im Schatten. Während Helen im Auto wartet und schwitzt, klappere ich mehrere Autoläden für Ersatzteile ab. Niemand hat das 5-polige Relais mit 50 Ampere, das bei uns für den Ventilator verbaut ist. Ich bekomme aber ein ähnliches und dazu auch ein Gegenstück, denn unseres ist ebenfalls geschmolzen.

Ich mache anschließend noch schnell ein paar Essens-Einkäufe. Inzwischen ist es später Nachmittag und wir finden eine ruhige Seitenstraße, in der ich in aller Ruhe das neue Relais einbauen kann. Bei der Hitze ohne Relais weiter zu fahren, ist uns einfach zu riskant. Das Relais befindet sich unter dem Lenkrad und ich muss erst einmal die Abdeckung abschrauben. Dann kneife ich die alten Steckverbindung ab und schreibe mir vorsichtshalber auf, welches Kabel (die 5 Kabel haben zum Glück alle eine andere Farbe!) an welchen Pol kommt. 4 der 5 Pole sind exakt gleich mit unserem vorherigen Relais, der fünfte ist aber ein 87A statt einer 87. Ob das was ausmacht? Ja, tut es! Nachdem ich in zwei Stunden alles zusammengebastelt habe und die Batterie wieder angeschlossen ist, merke ich den Unterschied sofort. Ohne, dass der Motor gestartet ist, läuft der Lüfter. Hmmm ... auf der einen Seite bin ich happy, dass er läuft und es nicht irgendwo Puff gemacht hat, auf der anderen Seite kann das natürlich nicht so bleiben, denn dann ist unsere Batterie in Nullkommanichts leer. Oder wir müssen ständig die Batterie ab- und wieder anstöpseln. Bei dem alten Relais ging das Ganze über einen Kippschalter im Armaturenbrett, den wir je nach Bedarf angemacht haben. Jetzt verstehe ich den Unterschied zwischen 87 (getrennter Kreislauf, der sich erst schließt, wenn der Schalter angemacht wird) und 87A (direkter Durchfluss von Energie aus der Batterie).

Da das neue Relais-Gegenstück mit 5 dünnen Kabeln kam und mir der Verkäufer zusätzlich noch einen Plastikstecker (Kupplung?) zum zusammen- und auseinanderstecken verkauft hat, lässt sich dieses Problem jetzt insofern lösen, dass wir das Relais während der Fahrt nun zusammenstecken müssen, wenn die Maschine über 90 Grad anzeigt. Das bedeutet aber, dass ich Helen buchstäblich zwischen die Beine fummeln muss, um unter dem Lenkrad die Steckverbindung zu machen. Das ist natürlich etwas umständlich, aber zumindest funktioniert der Lüfter und wir überhitzen nicht.

Lustigerweise haben wir während meiner Reparatur zwei sehr nette Begegnungen mit den Anwohnern in dieser Straße gemacht. Erst kommt ein junger Mann und fragt, ob er irgendwie helfen kann. Und eine halbe Stunde später kommt eine Frau aus dem Haus, vor dem wir stehen, und hält uns ihr Handy hin. Per Google Translate fragt uns das Handy auf Deutsch, ob sie uns helfen kann. Wirklich süß! Kolumbianer sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Die Frau bietet uns an die Nacht vor ihrem Haus stehen zu bleiben, aber es ist noch gut 1 Stunde lang hell und wir beschließen noch bis zum Tambo Jardín Finlandia weiter zu fahren. Auf der Fahrt stellen wir fest, dass der Ventilator funktioniert! Hurra!

18.02.2020: Mirador Tambo Jardín Finlandia nach Supía

Nach einer sehr heißen Nacht (ich spreche hier von den Temperaturen!!!), fängt der Tag nicht sehr gut an. Eigentlich wollen wir heute richtig Strecke machen ... stattdessen hängt Helen VIER Stunden am Skype-Telefon fest. Warum? Wir brauchen Geld und versuchen mit Helens Kreditkarte eine Western Union Überweisung an uns selbst zu machen. Ich richte ihr deswegen einen Account bei WU ein. Der muss aber erst freigeschaltet werden und dazu ist ein Videoanruf bei WU notwendig. Helen landet in Litauen bei einem sehr netten und äußerst geduldigen Mann, der ganz passables Englisch spricht. Sicherheitsfragen werden eingerichtet und dann muss Helen ihren Pass so vor die Laptopkamera halten, dass man die Hologramme gut erkennen kann. Das ganze dauert ewig. Endlich ist alles fertig und Helen macht eine Online-Überweisung. Die geht allerdings aus irgendeinem Grund nicht durch. Also rufen wir wieder bei WU an und dieses Mal sagt uns eine Dame in Litauen, dass Helen in einer Woche die 1000 Euro zurückbekommt, wenn die bis dahin nicht freigeschaltet sind. Shit! Was für eine totale Zeitverschwendung!

Entsprechend spät kommen wir los. Eine Stunde später halten wir südlich von Pereira bei einem Supermarkt. Ich muss noch einige Lebensmittel einkaufen. Helen macht derweil im total heißen Fahrzeug den Kühlschrank sauber ... die Milchtüte war undicht. Ich komme mit meinen Einkäufen zurück und berichte, dass ich 2,5kg Kartoffeln zu einem tollen Preis bekommen habe. Sie sehen super aus! Wie immer überprüfe ich vor der Abfahrt noch einmal den Kassenbon und stelle fest, dass ich statt 3.000 COPS (etwas unter einem EURO) 10.000 COPS für die Kartoffeln bezahlt habe. Häh, die waren doch im Angebot! Also ich wieder mit dem Sack Kartoffeln zurück zum Supermarkt. Ich beschwere mich genervt an der Kasse. Die Verkäuferin läuft mit mir zu den Kartoffeln und wir stellen fest, dass das Preisschild mit den 3.000 COPS zwar unter den 2,5kg Säcken ist, aber für den 500gr Beutel von kleinen, runden Kartoffeln gilt. Ob ich tauschen möchte? Schweißgebadet und total genervt, schüttel ich den Kopf und verlasse den Supermarkt. Kein guter Tag für uns bis dato!

Von einem Argentinischem Pärchen hatten wir erfahren, dass die Panam von Pereira nach Manizales wegen Bauarbeiten ewig dauert - zum Teil ist die Strecke für mehrere Stunden gesperrt. Deshalb fahren wir südwestlich an Pereira vorbei und nehmen die Ruta 25 nach Norden. Am Anfang denken wir noch: super Entscheidung! Denn die Straße ist glatt wie ein Kinderpopo, sprich frisch geteert, und geht durch ein flaches Tal. Das hält aber nur 45km an, dann geht es in engen Kurven steil die Berge hoch. Von 1100 Höhenmetern innerhalb von nur 27km bis auf 2200m hoch! Wir brauchen eine ganze Stunde dafür, denn wir immer in Kolumbien stecken wir nun hinter den lahmarschigen Lastern fest und Überholen ist fast unmöglich. Obendrein wird unsere Maschine immer heißer. Ich fummel ständig zwischen Helens Beinen rum, um den Lüfter ein und aus zu stecken. In nur wenigen Minuten wird das Relais und die dünnen Kabel vom Gegenstück super heiß. Ich habe Muffen, dass uns die neue Konstruktion gleich wieder durchbrennt und habe dummerweise auch kein zweites Relais in Armenia gekauft. Einmal halten wir sogar für ein paar Minuten an, denn die Temperatur im Motor liegt bei 105°C und der Lüfter scheint nicht zu funktionieren. Wir reißen die Motorhaube auf und lassen das Ganze etwas abkühlen und dann funktioniert auch der Lüfter wieder.

Zum Glück sind wir da schon an unserem höchsten Punkt vorbei. Es geht kurz noch mal runter und wieder hoch und ab San Clemente dann stetig wieder bergab. Ob das mit dem neuen Lüfter-Relais auf die Dauer gut geht? Wir sind spät dran und kommen dann auch noch in eine Polizeikontrolle. Die netten Beamten wollen aber nur sehen, ob wir alle Papiere und eine Versicherung haben. Haben wir!

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit finden wir außerhalb von Supía eine große Texaco Tankstelle, wo wir für die Nacht parken können. Die Angestellten vor Ort sind total süß, es gibt sogar eine kalte Dusche und wir können unsere Wasservorräte auffüllen. Die WiFi-Verbindung ist gut genug, um abends noch die Championsleague-Highlights zu gucken. Heute haben wir leider nur 137km von den 1000km bis Barranquilla geschafft. Das wird knapp mit dem Karneval!

19.02.2020: Supía nach Santa Rosa de Osos

Erneut kommen wir spät los. Südlich von Supía treffen wir wieder auf die Panamericana. Bis La Pintada gibt es noch mehrere Baustellen, aber wir haben Glück ... an der ersten müssen wir gut 10 Minuten den Motor ausschalten, danach rutschen wir aber immer gerade noch rechtzeitig bis zur nächsten Sperrung durch. Diejenigen, die nach Süden fahren müssen richtig lange warten, die Schlange an jeder Baustelle ist enorm!

Erneut ist es ein richtig heißer Tag und ich bin entweder damit beschäftigt, Helen zwischen die Beine zu greifen oder nach hinten zu klettern, um uns was zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen. Um das Relais ein wenig zu schonen, stellen wir die Heizung auf höchste Stufe, das drückt die Temperatur im Motor, aber wir kochen dafür in der Fahrerkabine gewaltig!

Kurz hinter La Pintada fangen dann wieder die Berge an. Innerhalb von 30km geht es von 700 auf 2.450 Höhenmeter hoch. Enge Kurven, viele Laster vor uns, null Überholung möglich, maximal 10km/h die Stunde ... das macht das Fahren in Kolumbien echt nervig und anstrengend! Immerhin ist es auf über 2.000m angenehm kühl und wir machen unsere Kaffeepause dort oben. Winnietwos Kühlwasser brodelt ein wenig und wir lassen die Motorhaube zum Abkühlen auf.

Als wir wieder losfuhren, kreischt unser Keilriemen. Oh, oh! Vielleicht muss er etwas festgezogen werden? Zwischendrin hören wir ihn nicht, aber nach jedem kurzen Stopp ist das Geräusch wieder da. Hier in den Bergen gibt es aber nur klitzekleine Dörfer - eine gute Garage ist weit und breit nicht zu sehen.

Gegen 16 Uhr erreichen wir Medellín, die berühmt-berüchtigte Drogenstadt Kolumbiens. Wir haben nicht die Absicht hier zu halten und fahren auf der Autobahn quer durch die Stadt. Rechts und links sausen Tausende von Motorrädern an uns vorbei. An einer Stelle müssen wir rechts rüber, wir fahren auf der ganz linken Spur - von drei Spuren und von rechts kommen plötzlich noch zwei weitere Spuren hinzu! Niemand reagiert auf unseren Blinker oder auf meine Handzeichen. Kaum tut sich eine klitzekleine Lücke auf, fährt auch schon wieder ein Motorrad in diese. Ich hänge mich halb aus dem Fenster und mache deutlichere Handzeichen und Helen - sie ist die Ruhe selbst im dichten Stadtverkehr - fährt diagonal vom einer Spur zur nächsten. Ein paar Minuten später bemerke ich zu spät, dass wir laut GPS rechts raus müssen. Samantha - unsere GPS Dame - sagt es uns an und ehe wir uns versehen, kommt auch schon die Ausfahrt. Helen ruft "Raus? Hier?" ... "Ja!" ... die Ausfahrt ist ein enger Kreisel, Winnietwo hat noch ein wenig zu viel Tempo drauf und so fahren wir gefühlt auf zwei Reifen um die Kurve ... oooaahhhh!

Ohne Schramme schaffen wir es innerhalb von 45 Minuten durch Medellín und kurz dahinter geht es wieder steil in die Berge. Unser Tagesziel ist Santa Rosa de Osos, ein kleiner Ort auf 2.545 Höhenmetern. Es ist bereits dunkel bei unserer Ankunft. Laut iOverlander kann man hier bei den Bomberos stehen. Die örtlichen Feuerwehr befindet sich logischerweise mitten im Dorf und die Anfahrt ist ein Alptraum, denn die Straßen in Santa Rosa de Osos sind steiler, als die in San Francisco, USA! Unser GPS leitet uns dann auch noch in eine sehr enge Straße und wir schaffen die Kurve nicht. Rückwärtsgang rein und langsam wieder raus ... ich stoppe den Verkehr! Die Straßen sind hier fast alles nur Einbahnstraßen ... shit, shit, shit!

Aber wir schaffen es bis zur Feuerwehr. Helen parkt vor der Einfahrt und ich gehe rein, um die Lage zu checken. Prompt fängt es auch noch an zu regnen. Ich spreche drinnen schnell mit dem Boss und gucke mir den Stellplatz an ... sieht okay aus für eine Nacht. Ich winke Helen zu, sie schmeißt den Motor an und im Scheinwerferlicht sehen wir beide, dass Winnietwos Motor qualmt ... es dampft gewaltig! Keine Warnleuchte geht an und ich denke, dass ist nur der Regen auf der heißen Motorhaube ist. Helen glaubt es sind die Bremsen ... und so fährt Helen erst einmal zu unserem Stellplatz - ein großer Parkplatz im Innenhof der Feuerwehr.

Wir machen im strömenden Regen die Motorhaube auf und stellen fest, dass das Kühlwasser nur noch auf dem Minimumlevel ist. Wir können aber nirgendwo ein Leck sehen. Das müssen wir uns dann morgen früh noch mal anschauen, der Regen ist jetzt einfach zu heftig.

20.02.2020: Santa Rosa de Osos nach Medellín

Am nächsten Morgen ist unser Kühlmittelbehälter komplett leer! Ich sehe aber nirgendwo ein Leck. Vorsichtshalber ziehe ich die Klemmen für die Gummischläuche ein wenig fester und wir füllen das Kühlwasser anschließend wieder auf. 3 Liter (!!!) brauchen wir. Zum Glück haben wir genug an Bord ... aber irgendetwas stimmt da nicht! Das ist viel zu viel und ich mache mir Sorgen.

Ich schau mir das ganze noch einmal ganz genau von unten an. Der Boden ist vom Regen noch nass und ich hole unsere Gummimatten raus. Mir fällt auf, dass die linke Achsenmanschette schon wieder draußen Schmiere aufweist. Die haben wir in Cali gerade erneuern lassen. Zwei kleine Löcher kann ich entdecken. Entweder ist das beim Montieren in Cali durch den Einsatz einer Zange passiert oder irgendein Nagetier hat sich am Gummi zu schaffen gemacht. Ich versuche die kleinen Löcher mit Aluminiumtape zuzukleben, aber das hält nicht sehr lange.

Und dann sehe ich mit Entsetzen den Grund für unseren starken Kühlwasserverlust ... die Wasserpumpe tropft ganz langsam ... direkt auf den Keilriemen. Kein Wunder, dass der seit gestern so quietscht! Scheiße! Damit können wir nicht weiterfahren! Was tun? Wir rufen Henry, unseren super netten Mechaniker in Cali, per WhatsApp an und fragen nach seinem Rat. Er sucht uns einen guten Mechaniker in Medellín raus.

Wir kontaktieren Diego ebenfalls per WhatsApp und erklären ihm unsere Situation. Er schlägt vor, wir rollen langsam nach Medellín zurück und checken zwischendrin immer mal wieder den Kühlwasserstand. Wir packen also alles zusammen und verlassen Santa Rosa de Osos um 13 Uhr.

Zum Glück geht es dieses Mal nur bergab und wir rollen im zweiten Gang die 55km wieder zurück. Am nördlichen Stadtrand von Medellín müssen wir wieder durch die Mautstation. Helen ist gerade am bezahlen, da taucht an meinem Seitenfenster ein netter Mann auf, der uns Bescheid gibt, dass wir eine grüne Spur auf dem Asphalt hinterlassen. Holy shit, wir verlieren richtig viel grüne Kühlflüssigkeit! Dem Mann ist das nur aufgefallen, weil niemand in Kolumbien hier richtiges Frostschutzmittel im Kühler hat. Aufgrund der sommerlichen Temperaturen übers ganze Jahr brauchen die das nicht und füllen Wasser oder ein Korrosionsschutzmittel in ihre Kühler. Wenn also ein Fahrzeug anfängt, grell-grüne Flüssigkeit zu lecken, wissen sie, dass wir Ausländer sind und dass wir ein Problem haben!

Wir fahren hinter der Mautstation direkt an den Straßenrand. Ein Blick unters Auto und uns wird klar, dass wir keinen Meter mehr weiterfahren können - die Wasserpumpe ist total undicht und leckt wie nichts gutes! So schnell können wir gar nicht Flüssigkeit nachkippen und bis zur Werkstatt sind es noch 27km ... und das durch den dichten Stadtverkehr in Medellín. Einen kompletten Motorschaden wollen wir auf keinen Fall riskieren.

Wir holen schnell einen Eimer, um die auslaufende Kühlflüssigkeit aufzufangen. Erstens ist sie noch fast neu, zweitens werden wir sie zum Auffüllen wieder brauchen, denn Frostschutzmittel bekommt man hier nicht und drittens ist es nicht gerade umweltfreundlich!

Wir rufen Diego an und erzählen ihm, was passiert war. Er sagt, er schickt uns jemanden. Wir senden ihm per WhatsApp die genauen Stand-Koordinaten und warten. Helen macht sich auf, um zu sehen, wie lang unsere Kühlwasserspur ist, denn unsere Temperaturanzeige und die anderen Sensoren hatten uns keine Fehlermeldungen angezeigt. Wir sind durchgehen nicht über 90°C gewesen. Es muss direkt bei der Mautstation passiert sein, denn nur dort ist ein großer Fleck zu sehen - keine Tropfen oder Streifen vorher. Glück im Unglück gehabt, könnte man sagen.

Eine Stunde später ist Diego immer noch nicht aufgetaucht. Also rufen wir ihn noch einmal an. Offensichtlich hat es ein Missverständnis gegeben. Wie auch immer, er wird jetzt einen Abschleppdienst anrufen, der so in ca. 45 Minuten da sein sollte.

Eine Stunde später kommt Wilson mit seinem Abschleppfahrzeug an. 15 Minuten später ist Winnietwo aufgeladen (siehe Video). Gar nicht so einfach, denn ohne Motor kann man die Reifen kaum drehen ... Helen muss richtig am Steuer arbeiten. Wilson ist ein ganz entspannter und super netter Kerl und während der Fahrt unterhalten wir uns. Für uns ist es das erste Mal in unserem Leben, dass wir abgeschleppt werden müssen. 90 EURO kostet uns der Spaß, aber irgendwie ist es auch spannend und Winnietwo scheint sich hinten auf der Ladefläche auch wohl zu fühlen.

Wegen des starken Feierabendverkehrs dauert es ungefähr eine Stunde bis zur Werkstatt. Dort gibt es allerdings im Moment keinen Stellplatz vor oder dahinter und Diego leitet Wilson zu einer Wohngegend um die Ecke, in der wir sicher über Nacht stehen können.

Nachdem Wilson Winnietwo abgeladen hat, gehe ich mit Diego zurück zur Werkstatt und bezahle den Abschleppdienst mit der Kreditkarte. Wir haben nicht mehr genügend Bargeld. Diego sagt, er kommt am nächsten Morgen um 8:30 Uhr vorbei, um W2 in die Werkstatt zu fahren. Wir sollen noch etwas Kühlwasser auffüllen, für die kurze Strecke ist das kein Problem für den Motor, da er ja nicht einmal auf Temperatur kommt. Ich lasse außerdem über Nacht den Eimer unter der wild leckenden Wasserpumpe.

Ob Diego ein Ersatzteil findet, weiß er noch nicht. Dazu muss erst einmal die Wasserpumpe ausgebaut werden, aber er ist sich sicher, dass es eine Lösung gibt. Ich habe einen guten Eindruck von ihm. Er ist recht jung, so Mitte-Ende 30, und macht einen zackigen und kompetenten Eindruck.

Ich fülle das Kühlwasser auf und mache mich dann auf die Suche nach einem leckeren Abendessen. Zum Kochen habe ich heute keine Energie mehr und wir haben Lust auf was schnelles. Um die Ecke finde ich eine Pizzeria. Pepperoni ist doch genau das Richtige jetzt! Wir entspannen uns anschließend bei mehreren Tassen Tee und so langsam geht der Adrenalinspiegel in unserem Blut runter. Mir ist natürlich auch klar, dass das mit dem Karneval in Barranquilla jetzt nicht mehr klappen wird. Schade!

21.02.2020: Medellín

Diego kommt am nächsten Morgen pünktlich - schon mal ein gutes Zeichen. Er besteht darauf, selbst zu fahren. Helen erzählt ihm noch, dass Winnietwos Wendekreis recht groß ist, aber er scheint das nicht verstanden zu haben, denn wir nehmen auf der kurzen Fahrt mehrfach den Bordstein mit ... Helen is soooo not amused!

Da die Werkstatt nicht hoch genug für W2 ist, parkt Diego ihn hinter der Werkstatt mitten auf dem Bürgersteig. Da die Reparatur bestimmt den ganzen Tag dauern wird, stecke ich uns im Klo an die Stromdose. So können wir den ganzen Tag die Ventilatoren laufen lassen und an unserer Webseite arbeiten.

Gestern Abend haben wir in unserem Fiat-Handbuch noch einmal im Detail nachgelesen, was beim Ausbau und wieder Einbau der Wasserpumpe alles zu beachten ist. Die Batterie muss zuerst abgestöpselt werden und Diego sagt das auch Alonso, unserem Mechaniker. Wir überprüfen das und natürlich ist die Batterie noch angeschlossen. Ich zeige Alonso unser Handbuch mit all den Zeichnungen und übersetze die wichtigen Passagen ins Spanische. Ich merke ihm an, dass er am Anfang die typische Haltung von Männern hat ... was verstehen Frauen schon vom Auto? Aber mit jeder Minute merkt er, dass wir nicht nur Ahnung haben, sondern auch aktiv und produktiv mithelfen wollen. FIATs sind nämlich im Norden von Südamerika gar nicht bekannt und in der Regel findet man hier auch keine FIAT Ersatzteile. Das ist in Argentinien und Chile anders. Da bekommt man alles!

Gegen 12 Uhr ist die Wasserpumpe ausgebaut. Der Dichtungsring ist total gerissen und spröde. Laut unserem Handbuch sollte man das nicht reparieren, sondern eine komplett neue Wasserpumpe einbauen. Aber natürlich findet Diego hier keine in Medellín. Das war uns auch schon vorher klar. Stattdessen geht unsere an einen Spezialisten für das Reparieren von Wasserpumpen.

Noch wissen wir nicht, was uns das Ganze kostet, aber Helen rennt vorsichtshalber los und holt Bargeld. Der Himmel wird immer grauer und tatsächlich ... gegen 15 Uhr fängt es heftig an zu regnen, Blitz und Donner direkt über uns. Die reparierte Wasserpumpe kommt, aber bei dem Wetter kann der Mechaniker sie nicht mehr einbauen. Das wird dann eben auf morgen verschoben.

Wir bleiben über Nacht aufgebockt hinter der Werkstatt stehen, Diego organisiert extra einen Wachmann, damit uns nichts passiert. Medellín ist heute zwar deutlich sicherer als in noch vor 30-40 Jahren, aber es ist eine Großstadt mit vielen armen Menschen, da muss man immer aufpassen.

22.02.2020: Medellín

Unser Wecker klingelt uns um 6.45 Uhr aus dem Bett. Um 7 Uhr sollte eigentlich Alonso mit der Arbeit anfangen, aber vor 8.30 Uhr taucht er nicht auf ... Kolumbianische Uhren ticken eben auch etwas anders. Wir wären aber eh so früh aufgestanden, denn der HSV spielt heute und verliert! Scheiße! Der Tag fängt also nicht sonderlich gut an.

Vier Stunden später ist aber unsere reparierte Wasserpumpe eingebaut und Diego konnte uns sogar einen neuen Fiat-Zahnriemen besorgen! Eine passende Achsenmanschette ist aber nicht zu finden, wir müssen also hoffen, dass die beiden Löcher nicht größer werden und die ganze Schmiere ausläuft. Nicht, dass wir schon wieder das Antriebswellengelenk reparieren müssen.

Die Rechnung für die Reparatur liegt dann bei 238 €. Alles im allem mal wieder sehr viel Glück gehabt, denn es hätte auch zu einem katastrophalen Motorschaden irgendwo in der Walachei kommen können.

Um 13.30 Uhr verlassen wir die Werkstatt und fahren zu einem großen Jumbo-Supermarkt in der Nähe. Einkaufen, wenn man Hunger hat ist nie eine gute Idee! Helen is not amused, als ich mit vier Kuchen (ich konnte mich einfach nicht entscheiden, die sahen alle lecker aus!), 8 Tafeln Schokolade, Obst und Gemüse ... aber ohne Cappuccino zurückkomme. Obendrein ist schon wieder das ganze Bargeld draufgegangen! Während ich einkaufen bin, rechnet Helen mal nach, wie viel Geld wir in den letzten 4 1/2 Monaten in Winnietwos Reparaturen gesteckt haben: um gerechnet etwa 1.350 €!

Über Nacht parken wir wieder in der Wohngegend in der Nähe der Werkstatt, dieses Mal aber in einer anderen Straße und wir bekommen kaum Schlaf ... Hundegebell ohne Ende und dann springt uns um 4 Uhr morgens auch noch eine Katze aufs Dach!

23.02.2020: Medellín - Comuna 13

Um 10 Uhr - erstaunlich früh für uns! - schmeißen wir den Motor an und fahren zum etwa 3km weit gelegenen Parqueadero, der aber heute auf einem Sonntag geschlossen ist. Die anderen in der Straße auch - oh, shit - ist das immer so? Laut iOverlander gibt es um die Ecke noch einen anderen Parkplatz, aber auch hier ist die Straße Auto-leer und nichts scheint auf zu haben. Dann entdeckt Helen aber doch einen offenen Parkplatz - passen wir da rein? Ich steige aus und checke die Lage. Ja, sieht okay aus. Kendy, der junge Parkplatzwächter nennt mir einen Preis von 4.600 COPS pro Stunde - bei 8 Stunden sind das um die 10 US$, das ist in Ordnung.

Helen fährt Winnietwo durchs Tor und muss dann links rum, um in die größeren Parklücken zu kommen. Dabei bleibt unser Lüftungsauslass für die Heizungsluft oben an der Gaze hängen und bricht ab. Etwas Gaze ist auch eingerissen, aber Kendy ist entspannt und ich hebe unser Teil auf - es ist zum Schrauben und einfach nur locker gewesen. Ich schraube es mit Hilfe eines kleinen Tritts, den Kendy mir leiht, wieder rein und gegen 10.45 Uhr sind wir fertig zum Abmarsch. Der Parkplatz liegt super - gleich gegenüber von einer Metrostation.

Heute steht die berühmt-berüchtige Comuna 13 in Medellín auf unserem Sightseeing-Plan. In der Alpujarra-Metrostation gehen wir zum Schalter und die nette Dame erklärt uns ganz ausführlich und super freundlich das Metrosystem hier. Für 5000 COPS kauft man eine wiederaufladbare Karte, die man dann an den Schranken einfach nur ans Lesegerät hält. Sie erkundigt sich genau, wo wir hinwollen. Von hier zur San Javier Metrostation via San Antonio, wo wir umsteigen müssen, und dann direkt mit der Seilbahn hoch nach La Aurora. Anschließend wieder nach San Javier zurück, wo wir durch die Comuna 13 laufen wollen und dann am späten Nachmittag wieder zurück in die Stadt. Wenn man nicht durch die Salidas auf die Straße geht, sondern nur umsteigt, dann ist das alles mit einem Ticket zu machen, der einen Festpreis von 2650 COPS hat. Also brauchen wir für zwei Personen 6 Tickets und sie lädt unsere Karte dafür auf. Super, wir brauchen nur noch die 20,900 COPS zu bezahlen. Perfekt! In der Schlange hinter uns steht noch eine Frau, die sich immer wieder mit guten Tipps einbringt - alle wollen uns hier helfen. Toll! Touristen sind wirklich gerne in Kolumbien gesehen!

Das merken wir dann auch beim Einsteigen in die Metro. Ein junger Mann steht auf und bietet Helen seinen Platz an. Süß! Das Umsteigen in San Antonio ist etwas kompliziert, denn der Zugang zur San Javier Bahn ist eine Baustelle. Wir sind nicht die einzigen, die leicht verwirrt sind, wo wir denn jetzt hin müssen. Helen folgt ihrer Nase und hat mal wieder den richtigen Riecher. Der Bahnsteig ist aber der gleiche für eine andere Strecke. Eine Metro rollt rein und keiner weiß so genau, ob das nun die für San Javier oder für die andere Richtung ist, aber die meisten steigen ein. Wir fragen bei einem jungen Kolumbianischen Paar nach - sie sind sich auch nicht ganz sicher und fragen eine andere Person. Am Ende nicken alle.

Die Metro verläuft überirdisch in Medellín und so bekommen wir einen schönen Blick auf die Innenstadt. Heute ist wirklich alles Menschenleer. Uns ist das heute morgen schon auf der Autobahn aufgefallen. Von den 6 Spuren waren zwei abgesperrt, wo sich massenhaft Fußgänger und Radfahrer bewegt haben. Sind die Geschäfte am Sonntag geschlossen, sind die Straßen total leer. Das müssen wir uns für den Rückweg unbedingt merken!

San Javier ist Endstation und mit vielen anderen laufen wir direkt zur Seilbahn, die im Metropreis integriert ist. Medellín hat sich auf die umliegenden Berge ausgedehnt und die Zugänge sind entsprechend steil. Statt einer Metro hat man hier deswegen Seilbahnen installiert. Ein tolles System! 8 Leute passen in jede Kabine und die kommen im Minutentakt. Leider sind die Kabinen geschlossen - es gibt keine offenen Fenster, aus denen man fotografieren könnte - aus Sicherheitsgründen. Die Scheiben sind entweder dreckig, zerkratzt oder sehr milchig, also nicht optimal zum Bilder machen. Dennoch genießen wir die Fahrt. Mit uns in der Kabine ist ein Kanadisches Paar aus Montreal, das heute aber in New York lebt. Sie machen Urlaub in Kolumbien und es ist erst ihr zweiter Tag im Land. Gestern waren sie bei einem Fußballspiel in Medellín und ganz begeistert von den Fans. Das Spiel selbst haben sie nur am Rande mitbekommen. Auf den Tribünen war der Teufel los. In ein paar Tagen machen sie die 6-tägige Wanderung zur Ciudad Perdida im Norden Kolumbiens - eine ehemalige riesige Stadtanlage der Tairona, die heute im Dschungel nahe Santa Marta "verschwunden" ist. 300 US$ kostet die geführte Tour inklusive Verpflegung und Übernachtung in Hängematten. Hört sich interessant an, aber es gibt bestimmt viele Mücken und die Hitze dort oben macht den Treck anstrengend.

Die Seilbahnfahrt nach La Aurora hoch ist echt sehenswert. Wir fahren direkt über die Häuser rüber und können den Leuten in die Wohnstube oder auf den Balkon schauen. Es geht über einen Berghang rüber, dann wieder steil runter und dann wieder hoch nach La Aurora. Wahnsinn, wie eng hier die Häuser und Hütten gebaut sind - steil am Hang mit sehr engen Gassen. Leben möchten wir hier nicht!

Oben an der Station stehen bunte Hochhäuser und man hat einen super Blick auf die ganze Stadt - leider ist es heute morgen etwas diesig. Wir treffen eine Holländerin und eine Engländerin und machen gegenseitig Fotos von uns. Nach einem kurzen Gang um die Seilbahnstation geht es wieder runter, denn wir wollen ja noch die Comuna 13 besuchen. Von der San Javier Metrostation aus sind es gut 1,5km bis zu den Rolltreppen in der Comuna 13.

San Javier (amtliche Bezeichnung Comuna N.º 13 San Javier) ist eine der insgesamt 16 Comunas (Stadtteile) in der mit mehr als 2,5 Millionen Einwohnern zweitgrößten Stadt Kolumbiens Medellín. Über Jahre hinweg war die Comuna 13 Kriegsgebiet, in dem wechselnde Parteien um die Oberhand kämpften. Mit dem Terrorregime von Drogenkönig Pablo Escobar tobte in Medellín und ganz Kolumbien ein Bürgerkrieg zwischen Sicherheitskräften, rechten Paramilitärs und der linken Farc-Guerilla.

Die Comuna 13 zählte mit rund 43,5 Einwohnern auf 1000 m² zu dem am dichtesten besiedelten Gebiet der Stadt Medellín. Die gesamte Anzahl der Bewohner in der Comuna liegt jedoch wesentlich höher, da nicht alle Personen amtlich gemeldet und registriert sind. Auf einer Fläche von rund 7 km², die sich überwiegend an steilen Hängen befindet lebten 2017, zum größten Teil in ärmlichen Verhältnissen, 161.000 Menschen.

Noch in den 1980er Jahren litt der Stadtteil unter dem so genannten Medellín-Kartell und war bekannt geworden für blutige und tödliche Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Drogenbanden. Die Bedeutung des Medellín-Kartells war durch die starken sozialen Spannungen, großen Klassenunterschiede, Arbeitslosigkeit und auch durch den anhaltenden Bürgerkrieg und durch große Gewaltbereitschaft in der Comuna 13 mitbedingt. Medellín verzeichnete mit mehr als 380 Tötungsdelikten auf 100.000 Einwohner die angeblich höchste Mordrate weltweit. 2017 lag die Tötungsrate offiziell bei rund 21 Opfern auf 100.000 Einwohner. Das ist 18-mal weniger als 1991.

In Europa wurde die "Comuna n.º 13 San Javier" bekannt durch die Presseberichte über das Medellín-Kartell und zuletzt 2011 durch die Einweihung der Riesen-Freiluftrolltreppe, die im Dezember 2011 eröffnet wurde. Die Anlage mit einer gesamten Rolltreppenlänge von 348 Metern, die in sechs Abschnitte unterteilt ist überwindet einen Höhenunterschied von umgerechnet rund 28 Stockwerken. Dieses Sozialprojekt der Stadtverwaltung erleichterte besonders den älteren Bewohner den Aufstieg zu ihren Unterkünften.

Heute am Sonntag ist hier der Teufel los. Touristen aus aller Welt, aber überwiegend aus Kolumbien selbst sind auf den Rolltreppen und den Gassen unterwegs. Wir alle machen Fotos von den bunten Wandmalereien. Die Atmosphäre ist entspannt und fröhlich. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie gefährlich es hier einmal war. Heute machen die Leute hier ihr Geld mit kleinen Ständen, Restaurants, Geschäften und als Tourguide. Wir verzichten auf die Führung - es ist einfach zu viel los und man versteht kaum sein eigenes Wort. Überall läuft flotte Musik und Helen schwingt die Hüften. Michael Jacksons Song "Smooth Criminal" bringt es einfach immer wieder! Ein Getränkeverkäufer guckt erst total verdattert, dass da so eine 80-Jährige (das denken die bei Helens grauen Haaren immer!) so einen tollen Hüftschwung drauf hat und dann auch noch einen Moonwalk hinlegt, dann lacht er sich - genau wie ich - tot! Ich scherze anschließend mit ihm, dass Helen die Reinkarnation von Michael Jackson ist, der endlich als Frau wieder auf die Welt gekommen ist. Er schmeißt sich weg und klatscht in die Hände.

Die Rolltreppen hier sind wirklich eine gute Idee, denn die Comuna 13 ist sehr steil. Wir hecheln die ein oder andere steile Treppe hoch und kommen ins Schwitzen. Inzwischen ist nämlich die Sonne draußen und uns läuft das Wasser! Wer hoch geht, muss auch irgendwie wieder runter. An einer Stelle haben sie hier eine Rutsche eingebaut. Helen und ich sind die einzigen vor Ort und wir haben unseren Spaß. Andere sehen das und im Nu ist die Rutsche von vielen Kindern belegt.

Wir laufen so viel wie möglich in der Comuna 13 ab, aber einiges ist im Moment gesperrt, da sie am Gehweg, der rund um die Comuna führt, arbeiten. Am Nachmittag verdienen sich die jungen Leute aus der Comuna mit richtig gutem Streetdance ihr Geld. Helen lässt sich erneut inspirieren (siehe Video), aber niemand gibt ihr ein Trinkgeld! Schnief! They don't care about us!

Richtig lustig ist aber Helens Mary Poppins Vorstellung vor einem der Wandbilder. Eine junge Kolumbianerin ruft ganz verzückt "Mary Poppins, que dulce!" (Mary Poppins, wie süß!) Helen macht sogar einen ungewollten Kniefall - der Boden kam schneller, als sie nach ihrem Sprung gedacht hat und der Regenschirm hatte nicht ganz so die "tragende" Wirkung! Lach! In der Luft hat Helen auch noch versucht ihre Füße á la Mary Poppins zu spreizen. Lach! Madame ist heute wirklich gut drauf und nebenbei sehr sportlich!!! Wir haben unseren Spaß hier!

Auf dem Rückweg zur Metro kommen wir am Friedhof von der Comuna 13 vorbei. Eine ehemalige Stierkampfarena, in der heute die vielen Gräber von sehr jungen Leuten aus der Comuna sind. Wandmalereien huldigen einige der Jugendliche, die viel zu früh gestorben sind. Hier wird uns richtig bewusst, wie hoffnungslos das Leben zu Zeiten von Pablo Escobar gewesen sein muss. Aber es gibt leider auch aktuelle Todesdaten, darunter viele junge Mädchen. Deprimierend! Auch wenn heute die Lebenserwartung höher und die Gewalt niedriger, als vor 20 Jahren sind ... der Kampf gegen die Armut ist nach wie vor präsent.

Gegen 14.30 Uhr steigen wir wieder in die Metro und fahren ins Stadtzentrum zum Plaza Botero. Hier hat der berühmte, kolumbianische Künstler, Fernando Botero, viele seiner fülligen Figuren ausgestellt. Anschließend laufen wir über die Fußgängerzone wieder zu unserem Parqueadero zurück. Winnietwo ist inzwischen ganz alleine. Direkt nebenan hat ein Chinese auf und wir holen uns spontan eine große Portion frittierten Reis mit Chop Suey - eigentlich hatten wir vegetarisch bestellt, aber es gibt viel Huhn drin. Egal - wir haben Monsterhunger und schaufeln uns das leckere Essen nur so rein. Genau das richtige nach dem heutigen Tag! LECKER!!!!

Nachts stellen wir uns wieder in die Straße nahe der Werkstatt. Jetzt müssen wir uns erst einmal den ganzen Schweiß von der Haut wischen und trinken anschließend gefühlte 100 Tassen Tee und Saft - wir sind total ausgetrocknet! Aber unser unbeabsichtigter Abstecher nach Medellín hat sich gelohnt! Comuna 13 muss man mal gesehen haben!


Abgeschleppt & Helens Reinkarnation als Michael Jackson