29.02. - 02.03.2020: Cartagena

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29.02.2020: San Juan Nepomuceno to Cartagena

Bis Cartagena sind es noch etwa 95km. Es ist heiß und die ein oder andere Baustelle müssen wir noch durchfahren. Endlich in der vermeintlich schönsten Stadt Südamerikas angekommen, müssen wir feststellen, dass Cartagena in seinen Außenbereichen (also außerhalb des historischen Stadtzentrums) eine hässliche und hektische Stadt ist. Der Verkehr auf den Straßen ist unglaublich und das Fahren echt anstrengend und nervig.

Wir brauchen eine Stunde, um quer durch die Stadt zu einem Parqueadero (Parkplatz) zu gelangen, den wir uns auf iOverlander ausgesucht hatten. Er liegt im Stadtteil Manga und ist nur einen Steinwurf vom historischen Zentrum entfernt. Wir parken erst einmal um die Ecke und ich laufe los, um mir den Platz anzugucken. Ein Camper aus Brasilien steht schon auf dem großen Gelände, Markise und Stühle sind aufgebaut. Sie stehen direkt neben einem Gebäude und sind an den Strom angeschlossen. Der Parkplatz ist riesig und teilweise sind die Plätze unter den hohen Bäumen im Schatten. Das schaut gut aus und ich spreche mit Juan Pablo, dem Parkplatzwächter, einen Preis für 3 Tage ab.

Auf die Frage "Welche Steckdose wir für den Stromanschluss nutzen können?" hat er keine Antwort. Er druckst ein wenig rum und sagt, er müsse da erst einmal die Managerin des Platzes anrufen - das könnte etwas mehr kosten. Patricia heißt die gute Dame und sie sagt Juan Pablo, dass er bitte keine Wohnmobile mehr aufnehmen soll. Man kann hier zwar parken, aber eine Übernachtung im Fahrzeug ist ab jetzt nicht mehr erlaubt. Ich merke Juan Pablo während des Gespräches schon an, dass auch er dafür gar kein Verständnis hat. Der Parkplatz ist ausgelegt für 100 Fahrzeuge und es stehen vielleicht 10 drauf. Aber ihm bleibt nichts anderes übrig, als mir die unfrohe Botschaft zu übermitteln. Ich frage nach, warum denn hier die Brasilianer stehen ... er sagt, das seien Bekannte der Managerin und da macht sie wohl eine Ausnahme. Ich bin ein wenig stinkig, denn ich habe bestimmt eine halbe Stunde hier jetzt verbracht und hatte mir schon einen guten Platz ausgesucht. Allerdings ist es heute sehr windig und alle 3 Minuten wird der Staub auf dem Platz kräftig aufgewirbelt, alle Autos sind schon ganz versandet. Vielleicht sollte es einfach nicht sein!

So richtig viele Möglichkeiten in der Nähe des Stadtzentrums sicher zu parken, gibt es in Cartagena nicht. Wir machen uns noch einmal auf iOverlander schlau und überlegen, ob wir uns für die paar Tage nicht ein Appartement oder Hotelzimmer nehmen sollen. Es ist heiß und eine Klimaanlage wäre nicht das schlechteste bei diesem Wetter. Eine Dusche könnten wir auch mal wieder gebrauchen.

Unweit von der Festung mit dem schönen Namen Castillo San Felipe de Barajas gibt es einen Eintrag in iOverlander für das Hotel Española. Von dort können wir auch alles zu Fuß erreichen. Wir fahren hin, finden aber den Eingang nicht. Es befindet sich in einem großen Wohn-Komplex mit vielen Gebäuden über zwei Straßenblöcke hinweg, der von eine hohen Mauer umgeben ist. Helen hält einfach auf dem Bürgersteig neben einem großen, gesicherten Einfahrtstor.

Ich frage den Wachmann nach dem Hotel und er fragt, ob wir eine Reservierung haben. Nein! Netterweise ruft er dort aber an. Leider ist keines der Zimmer mehr frei. Aber er kennt eine Dame, die keine 20m vom Eingang entfernt wohnt und ein Appartement vermietet. Donna, die Besitzerin, holt mich am Tor ab und zeigt mir alles. Sieht einigermaßen sauber und groß genug aus und der Preis mit 70.000 Cops (etwa 17.50 € pro Tag) ist auch okay. Es gibt eine kleine Küche, ein Bad mit heißer Dusche, ein Schlafzimmer mit bequemen Betten und einer Klimaanlage sowie einen Wohnbereich mit Esstisch, Stühlen und einem Sofa. Gutes WiFi ist auch vorhanden ... was wollen wir mehr? Wir können es für 3 Nächte haben, allerdings muss Donna es erst einmal reinigen. Kein Problem! Wir wollen eh noch einkaufen gehen und Geld holen. Wir parken Winnietwo auf dem Gelände in einer kleinen Seitengasse neben dem Appartement - dort steht es sicher.

Um 18 Uhr können wir in das saubere Appartement. Dann geht es mehrfach zwischen Winnietwo und dem Appartement hin und her, um unsere Sachen für die 3 Tage in das neue Zuhause zu schaffen. Wir entspannen uns den Rest des Abends und gucken Let's Dance.

01.03.2020: Cartagena

Heute Abend haben wir uns mit Janette von der SeaBridge Tour verabredet. Das gibt uns ausreichend Zeit die Stadt zu erkundigen. Der wirklich hübsche Stadtteil Getsemaní (oder auch Get-The-Money!) mit seinen vielen tollen Wandmalereien liegt nur 1,4km von unserem Appartement entfernt. Auf dem Weg passieren wir die große Festung von Cartagena, ersparen uns aber die Besichtigung - zu heiß, zu viele Besucher und man sieht von außen schon fast alles.

Es ist mit 40°C im Schatten so heiß, dass wir unsere Regenschirme als Sonnenschutz dabei haben. Sie sind heute lebensrettend, denn wir legen insgesamt 12km auf unserer Sightseeing-Tour durch Cartagena zurück. Die Altstadt ist schon sehenswert, ich bin aber leicht genervt, denn die Palenqueras (die Frauen mit der Obstschüssel auf dem Kopf) stehen an jeder Straßenecke und vor jeder Sehenswürdigkeit. Man kann kaum ein Foto machen, wo diese Damen nicht im Bild sind.

Ich mache gerade ein Foto von dem gelben Uhrenturm, da stürzt eine dieser Damen auf mich zu und motzt mich an, warum ich ungefragt ein Bild von ihr mache ... sie will jetzt Geld sehen. Ich hatte sie überhaupt nicht im Visier! Sie will mir nicht glauben. Ich erwidere sauer, dass sie bitte aus meinem Blickwinkel verschwinden soll, damit ich in aller Ruhe meine Fotos von dem Turm machen kann. So etwas geht mir tierisch auf dem Geist! Ist mir alles viel zu touristisch! Ich kann ja verstehen, dass sie auch nur Geld verdienen will, aber dann bitte nicht so aggressiv sein!

Die Palenqueras von Cartagena gehören historisch zum Stadtbild. Ursprünglich kommen sie aus San Bassilo de Palenque - einer kleinen Stadt südlich von Cartagena. Diese Stadt wird allgemein als eine der ersten "freien" Städte in der Neuen Welt angesehen. Sie wurde während der Kolonialzeit von außer Kontrolle geratenen Sklaven gegründet, die keiner Regierung verpflichtet waren. Die Dorfbewohner waren so erfolgreich - und so einfallsreich -, dass die Stadt über ihre Freiheit verhandeln konnte! 1691 wurde das Dorf durch ein königliches Dekret als eigenständige Einheit gegründet. Dies machte die Bewohner zu den ersten freien Afrikanern in Amerika.

Jahrhundertelang wanderten die Palenqueras jeden Tag nach Cartagena, beladen mit Früchten, die von Bäumen rund um ihr Dorf geerntet wurden. Sie trugen ihre Waren in handgewebten Körben auf dem Kopf und verkauften sie hier und da für ein paar Münzen, um ihre Familien zu Hause zu unterstützen. Sie waren so verbreitet, dass ihre hellen Kleider und lächelnden Gesichter ein wesentlicher Bestandteil des Stadtgefüges wurden. Moderne Palenqueras verkaufen immer noch Obst (jetzt in Schalen, nicht in Körben) und es ist billig! Ein Großteil ihres Einkommens verdienen sie jedoch durch das Posieren für Touristenfotos. Da reicht ein nettes Lächeln!

Gegen 15 Uhr sind wir wieder in unserem Appartement. Wir brauchen eine Pause von der Hitze und unseren Cappuccino. Kurz vor Sonnenuntergang, so gegen 17.30 Uhr, latschen wir wieder in die Altstadt. Mit Janette sind wir erst so gegen 19 Uhr verabredet. Ich will aber noch ein paar Bilder machen, bevor es ganz dunkel wird. Janette hat offensichtlich die gleiche Idee, denn lustigerweise sehen wir sie per Zufall aus einem Taxi steigen! Zusammen ziehen wir noch einmal in die Gassen von Getsemaní. Helen hat es jetzt also gleich mit zwei ambitionierten Fotografen zu tun, bleibt aber geduldig. Es ist zum Glück deutlich kühler geworden und nachts ist Cartagena fast noch schöner!

Es gibt zwei geführte SeaBridge Touren durch Südamerika und die andere wird von Uwe und Marion geleitet. Wir treffen sie am Uhrenturm und zu fünft gehen wir in einem sehr netten vegetarischen Restaurant was essen. Eines der vielen Themen, die wir so beschnacken, ist natürlich Corona. Bis dato haben wir davon in Südamerika noch nichts mitbekommen, aber in Europa ist bereits der Teufel los und Lockdowns werden in Erwägung gezogen. Uwe und Marion sind der Meinung, dass wir das hier in Südamerika nicht bekommen werden. Wir sind uns da nicht so sicher, denn vor ein paar Tagen haben wir in einen Online-Bericht gelesen, dass eine ganze Reihe von Chinesen, die in der Nähe von Cali an einem Bauprojekt beteiligt sind, in Quarantäne gehen mussten ... angeblich soll es dann aber Dengue-Fieber gewesen sein. Letzte Woche hat es dafür den ersten offiziellen Corona-Fall in São Paulo, Brasilien gegeben. Und wenn man sich die Entwicklung in China und Italien so anschaut, dann muss man sich schon Sorgen machen.

Leider muss Janette frühzeitig gehen - eine Teilnehmerin aus ihrer Gruppe hat sich bei einem Sturz am Swimmingpool einen Zeh und die Kniescheibe gebrochen! Die verletzte Frau liegt nun für mehrere Tage im Krankenhaus und muss eventuell operiert werden. Sie ist alleine unterwegs und wird ihr Wohnmobil bis auf weiteres nicht fahren können. Alle SeaBridge-Wohnmobile sollen aber heute Nacht um 02.30 Uhr auf das Schiff für die Überfahrt nach Panama verladen werden ... in ungefähr 4,5 Stunden also ... und Janette muss nun versuchen, die Verladung dieses einen Wohnmobils zu verhindern. Das Essen ist wirklich lecker, aber Janette kann es nicht mehr in Ruhe genießen! Tourguide ist wirklich kein einfacher Job!

Wir erfahren später, dass Janette trotzdem für uns alle die Rechnung noch bezahlt hat. Wow! Danke, Janette! Mit Uwe und Marion machen wir anschließend noch einen kleinen Verdauungsspaziergang durch die Gassen der Altstadt. Uwe zeigt uns ein sehr schönes 5-Sterne-Hotel. Normalerweise kommt man da nur als Hotelgast rein, aber Tourguides wissen natürlich, wie man auch so mal schnell einen Blick dort reinwerfen darf.

02.03.2020: Cartagena

Heute ist es schon wieder unerträglich heiß und so nehmen wir einen Bus nach Bocagrande. Die sandige Halbinsel ist bekannt für ihre langen Sandstrände und die von Palmen gesäumten Promenaden. Es gibt nahmhafte Hotels, zahlreiche Casinos, elegante Boutiquen, das luxuriöse Einkaufszentrum Bocagrande Square Mall mit Meeresblick, internationale Restaurants, Fast-Food-Ketten und gemütliche Terrassencafés.

Janette ist mit ihrer Gruppe im Hilton untergebracht. Wir treffen sie noch einmal kurz in der Lobby, um uns für das gestrige Essen zu bedanken und uns zu verabschieden. Sie hat viel zu erledigen und steht sichtlich unter Stress und hat verständlicherweise deswegen nicht viel Zeit! Die Ärmste!

Wir schauen uns ein paar Strände an und nehmen dann den Bus zurück in die Altstadt. Eigentlich haben wir alles gesehen und so sind wir am frühen Nachmittag schon wieder in unserem Appartement. Angenehm kühl ist es hier und wir entspannen uns bei Kaffee und Kuchen. Abends laufen wir zum nahe gelegenen Centro Comercial Mall Plaza. Hier gibt es einen Food Court und wir haben Lust auf Chinesisch. Und das reicht uns dann auch schon für Cartagena. Morgen geht es weiter in den Norden, aber dazu mehr im nächsten Bericht.


Sightseeing bei 40°C im Schatten.