07. - 14.03.2020: Santa Cruz de Mompóx - Girón - Piedecuesta

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07.03.2020: Santa Marta nach Mompóx

Um 9.45 Uhr brechen wir auf und nehmen eine andere Route wieder in Richtung Süden. Der Highway 45 verläuft im Osten Kolumbiens zum Teil sehr dicht an der Grenze mit Venezuela entlang. Ursprünglich wollten wir hier eigentlich nicht fahren, denn im Norden befinden sich noch viele ELN Guerilla Gebiete, es leben sehr arme Menschen hier und im Grenznahen Gebiet kommt es häufig zu Auseinandersetzungen. Aber der Campingplatzbesitzer in Santa Fe de Antioquia sagte uns vor einigen Wochen, dass wir hier ohne Probleme fahren können.

Wir rollen fröhlich in der Hitze voran. Die Straße ist in einem sehr guten Zustand und es gibt wenig Verkehr. Nach einer Mittagspause biegen wir in Bosconia ab und fahren nach Mompóx. Laut dem Reisebericht anderer soll es in Santa Ana eine neue Brücke geben und man kommt jetzt - ohne die Fähre zu nehmen - in die alte Kolonialstadt am Rio Magdalena. Unsere ReiseKnowhow-Karte zeigt allerdings für die nächsten 150km Schotterbelag an, aber dem ist nicht so. Ganz im Gegenteil ... direkt hinter Bosconia begrüßt uns eine neugebaute 4-spurige Autobahn. Leider hält das Vergnügen nur für knappe 35km an, aber immerhin. Anschließend ist die Straße deutlich enger, aber zumindest geteert. Dennoch muss man auf Schlaglöcher aufpassen.

In Santa Ana führt uns unser GPS quer durchs Stadtzentrum. Die neugebaute Umgehungsstraße und Brücke sind in der GPS Karte leider noch nicht vorhanden. Wir müssen uns durchfragen. Kurz vor 16 Uhr erreichen wir dann Mompóx. Es ist extrem heiß hier mit 39°C im Schatten!!! Wir beschließen einen Campingplatz anzufahren. In dieser Hitze halten wir es nur im Schatten und mit einer kalten Dusche aus. Aber alle in iOverlander angegebenen Plätze sind nicht offen oder es gibt sie gar nicht mehr. Bei einigen finden wir nicht mal die Einfahrt! Wir schauen uns deshalb nach einem Hotelzimmer um. Das erste Hotel wurde geschlossen, das zweite wollte über 60 Dollar für die Nacht und das dritte ist uns zu laut!! Bei keinem gibt es einen sicheren Parkplatz für Winnietwo. Hmm ... das sieht nicht gut aus!

Da die Sonne langsam untergeht und ich noch Fotos machen will, parken wir erst einmal auf der Hauptstraße. Ich laufe zum nächsten Supermarkt und kaufe uns eine 2 Liter Flasche Fresca. Sie ist eiskalt und genau das richtige für unsere durstigen Kehlen. Wir stehen kurz vor einem Hitzeschlag!

Mompóx ist eine wirklich schöne Kolonialstadt - gut restauriert mit vielen wunderschönen Kirchen und Gebäuden aus dem 16. Jahrhundert. Leider kann man den Ort in der unerträglichen Hitze nicht wirklich genießen!! Immerhin finden wir in einer sehr ruhigen Seitenstraße neben dem Plaza Real De La Concepción einen guten Stellplatz für die Nacht. Da es zu heiß zum Kochen ist, gehen wir ins Restaurant nebenan und essen drei leckere Crêpes. Spinat und Tomate sowie Pilz und Tomate. Zum Nachtisch teilen wir uns einen leckeren Bananen-Schokoladen-Crêpe. Nach Sonnenuntergang ist es nur unwesentlich kühler, aber der Abendspaziergang tut nach der langen Tagesfahrt gut!

08.03.2020: Mompóx nach Morrinson

Aus Sicherheitsgründen lassen wir nachts die Türen zu (auf einem Campingplatz hätten wir sie weit offen gelassen) und die Hitze ist trotz der Ventilatoren nicht auszuhalten. Wie bekommen kaum ein Auge zu und ich stehe deswegen schon früh auf und mache noch eine Stunde lang ein paar Bilder vom Ort und dem sehr schönen Friedhof hier. Nach dem Frühstück fahren wir ab. Einen zweiten Tag halten wir die Hitze hier nicht mehr aus! Schade eigentlich, denn Mompóx hat echt was!

In Bosconia biegen wir erneut auf die 45 ab und fahren weiter gen Süden. Immer wieder werden Teile der Straße erneuert und so wechseln sich gute Fahrbahnen mit richtig schlechten ab. Es herrscht nun deutlich mehr Verkehr. Bei Durchfahrten durch die vielen kleinen Dörfer begrüßen uns immer wieder die Einwohner am Straßenrand. Ausländer sieht man selten in dieser Region. Sie verkaufen Snacks und kalte Getränke an die Lasterfahrer. Einer wirft Helen sogar eine Kusshand zu. Helen erwidert den Gruß!

Wir machen richtig Strecke und kommen nach 400km Fahrt kurz vor Morrinson bei einer Raststätte an. Ich habe Bock auf ein Eis in dieser Hitze. Es ist bereits 17.45 Uhr und die Sonne geht in einer halben Stunde unter. Einen richtigen Plan für den Übernachtungsplatz haben wir noch nicht. Die Raststätte liegt direkt an einer Mautstation. Die haben in Kolumbien in der Regel auch immer einen Polizeiposten oder Sicherheitsdienst. Helen spricht einen Polizisten an und er sagt, wir können gerne vor dem Wachmannshaus für die Nacht parken ... es ist sicher hier! Am Ende erlaubt er uns sogar in der nichtbesetzten Bucht für den Krankenwagen zu parken ... unter einer Überdachung ... supi! Schatten in der Hitze!!! Und es gibt sogar kalte Duschen hier!

Eine willkommene Abkühlung, die aber nicht lange hält, denn nachts sind es immer noch 34,2°C! Ich hole uns eine Portion Hühnchen mit Pommes aus dem Restaurant und wir verbringen eine sichere Nacht hier.

09.03.2020: Morrinson nach Piedecuesta

Der Norden Kolumbiens ist einfach zu heiß für uns. Wir haben vor Wochen nahe Cali bei der Kolibri-Finca mal einen Amerikaner getroffen, der mit einer Kolumbianerin verheiratet ist. Als er von unseren Plänen hört, sagt er, dass er noch nie im Norden von Kolumbien war und da auch nie hinfahren wird. Es ist ihm einfach viel zu heiß! Wir können ihm nur zustimmen!

Heute haben wir eigentlich nur ein Motto: endlich raus aus dieser Hitze! In San Alberto müssen wir eine Routenentscheidung treffen. Nehmen wir die kürzere Strecke über die hohen Berge nach Bucaramanga oder die längere, dafür aber flachere auf der westlichen Seite? Wir entscheiden uns spontan für die letztere und rollen zügig und entspannt weiter in den Süden. Eine gute Entscheidung, denn die Straßen sind zum Teil komplett neu geteert. Allerdings müssen wir durch ein paar sehr verwirrende Baustellen durch. Die neuen Verkehrsschilder und gemalten Pfeile auf der Autobahnstrecke sind schon fertig, aber die Gegenspur ist noch gesperrt und uns kommt Verkehr auf unseren Spuren entgegen. Extrem gefährlich!

Von fast Meereshöhe geht es dann auf knapp unter 1200 Höhenmeter und endlich sind es angenehme 25°C im Schatten - 15 Grad Temperaturunterschied zu heute morgen. Das tut gut! Gegen 15 Uhr erreichen wir im Süden von Bucaramanga die kleine Kolonialstadt Girón. Sie wird auch die 'Weiße Stadt' genannt und wurde 1631 gegründet.

Wir haben Schwierigkeiten in den engen Gassen einen Parkplatz zu finden. Helen versucht auf der Hauptstraße rückwärts in eine sehr kleine Parklücke zu kommen. Ich weise sie ein. Ein ganzer Haufen von Motorrädern ist hinter uns geparkt und es dauert eine Weile, bis wir gut in der Lücke stehen. Ein sehr mürrischer, älterer Mann, der offensichtlich die Parkfläche für die Mopeds überwacht, knurrt mich von der Seite an, wir sollen hier nicht parken. Es gibt aber weit und breit kein Verbotsschild und auch keine Markierungen für Taxis oder Mopeds - also können wir hier parken! Da wir nicht auf ihn hören wollen, schnappt er sich eines der Mopeds und rückt es absichtlich noch weiter nach vorne und blockiert uns damit von hinten. Was für ein A * $% # *!!!

Helen bleibt erst einmal beim Fahrzeug und ich laufe los und mache ein paar Bilder von der Basilika und einigen netten Häusern. Im Vergleich zu Mompóx ist man hier in einer halben Stunde durch. Dennoch ist der Ort offensichtlich beliebt bei Leuten aus Bucaramanga - die Straßen und Restaurants sind voll!

Wir bleiben weniger als eine Stunde hier und Helen bekommt mit viel vor und zurück auch unser Womo wieder aus der engen Parklücke raus - unter den mürrischen und bösen Augen des Mannes! Wahrscheinlich ist er im Geheimen aber doch beeindruckt, wie zwei Frauen so ein großes Fahrzeug bewegen können. Ich winke ihm zum Abschied noch mal fröhlich zu - meine Art ihm den Stinkefinger zu zeigen. Grumpy Old Fart!

Um die Ecke - auf der anderen Seite des Flusses - finden wir einen großen Metro Supermarkt, mit großem Parkplatz (typisch!). Ich mache schnell einen Großeinkauf, denn wir wollen nördlich von Piedecuesta auf dem Nukak Campingplatz ein paar Tage bleiben. Hier soll es einen Pool und eine Waschmaschine geben und wir brauchen eine Pause von der Hitze. In MapsMe ist der Campingplatz aber falsch markiert, es dauert eine Weile, bis ich das entsprechende Tor in einer kurzen Sackgasse gegenüber von der MapsMe Koordinate entdecke. Das Tor ist geschlossen, aber es gibt eine Klingel. Hundegebell auf der anderen Seite des Einfahrtstor deutet darauf hin, dass jemand da ist und tatsächlich ... John, der Manager, kommt. Ich verhandle einen Preis von 9 US-Dollar pro Nacht plus 2 US-Dollar für die Benutzung der Waschmaschine.

Es ist bereits 17 Uhr und wir parken unter einem Baum und öffnen erst einmal alle Türen, Fenster und Dachluken, um die Hitze der letzten Wochen aus dem Auto zu lassen. Man, tut das gut! John legt uns eine lange Stromleitung und ich schließe unseren Transformator an. Nukak ist ein richtig schöner Platz mit Rasen und kalten Duschen. Außer uns übernachtet noch ein junger Mann in einem Zelt. John erzählt uns, dass der Besitzer das Gelände verkaufen will, der Campingplatz könnte also bald Geschichte sein. Schade! Wir bleiben jetzt aber erst mal 5 oder 6 Tage und entspannen uns.

10. - 14.03.2020: Piedecuesta

In den nächsten Tagen erkundigen wir die Umgebung. Der Campingplatz liegt in einer Straße mit ganz vielen Hochzeitsläden. Hier bekommt man Brautkleider, Blumengestecke, kann Einladungskarten drucken ... ein Geschäft liegt neben dem anderen. Auf anderen Grundstücken kann man die Hochzeitsfeiern veranstalten und es gibt ein paar Restaurants. Eine sichere und noble Gegend, in der wir uns wohlfühlen.

Helen entdeckt in der Nähe ein großes Wohngebiet mit Parkanlage. Hier kann man gut wandern oder Fahrrad fahren und wir nutzen es jeden Nachmittag zum Sportmachen. Zwischendrin arbeite ich an unserer Webseite und den Videos und Helen macht die Wäsche. Es regnet allerdings sehr häufig und John erzählt uns einen Tag vor unserer eigentlichen Abfahrt, dass die Straße nach Süden seit ein paar Tagen gesperrt ist. Zwei Fahrradfahrer, die gestern gekommen sind, kamen durch, aber mit den Autos geht das nicht. Es hat oben in den Berge so heftig geregnet, dass es zu einem schweren Erdrutsch gekommen ist. Die Flüsse sind von dem Schlamm und Geröll überrollt worden und die Straße in Richtung San Gil ist zum Teil weggerissen worden. 4 Tage lang ist sie gesperrt und wir müssen unseren Aufenthalt hier noch ein wenig verlängern - kein Problem!

Wir verfolgen natürlich auch die schlechten Nachrichten über die Corona-Pandemie im Internet. Die Zahl der Infektionen und Todesfälle in Italien ist schockierend. Die USA haben Flüge aus Europa verboten. Guatemala hat die Grenzen geschlossen. Mein Bruder ist in Österreich im Ski-Urlaub, aber die Pisten werden dieses Wochenende gesperrt. Später stellen wir fest, wie viel Glück sie hatten und nicht mit dem Virus infiziert wurden, denn die österreichischen Skigebiete werden zu Europas Hotspot Nummer 1, was aber zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt ist.

Meine Nichte ist gerade innerhalb ihrer Ausbildung nach Holland geschickt worden und muss nun umgehend nach Deutschland zurück. Helens Nichte ist Krankenschwester, aber die Wissenschaftler sagen, dass England 3 bis 4 Wochen hinter Europa liegt ... was sich später aber auch als falsch herausstellt. Das Virus war nämlich bereits vor Weihnachten in Großbritannien angekommen! Eine Englische Band, die in Wuhan ein Konzert hatte, ist am 22. Dezember 2019 zurückgeflogen. Zwei von den Bandmitgliedern hatten Symptome und einer starb am 6. Februar 2020. Die Welt erfährt aber erst am 31. Dezember 2019 erstmalig von diesem Virus.

Janette, die wir gerade mit ihrer SeaBridge Reisemobilgruppe in Cartagena getroffen haben, befindet sich bereits in Costa Rica. Auch sie erfährt von der Schließung der Grenzen in Guatemala und sucht nun nach einem sicheren Ort für die ganze Gruppe. Unsere Freunde, Uwe und Claudia, sind in Argentinien und hatten eigentlich vor, noch ein paar Wochen in Argentinien zu bleiben und dann nach Uruguay zu fahren. Sie beobachten, genau wie wir, die Lage in Südamerika. Theoretisch sind wir gute 5 bis 6 Wochen hinter der Entwicklung in Europa und dort reden die ersten Regierungen von einem Lockdown. Laut worldometer.com gibt es noch recht wenige Fälle in Kolumbien, aber ob hier auch wirklich getestet wird? Noch ist alles offen. Nur vereinzelnd sieht man Menschen mit einer Gesichtsmaske in den Straßen. Wir sind noch gar nicht vorbereitet, machen uns aber natürlich schon Sorgen. Was kommt da auf uns zu?

John erzählt uns am Samstag, dass die Straße nach San Gil wieder offen ist. Wir bleiben noch eine Nacht, denn es regnet mal wieder in Strömen. Am gleichen Tag, dem 14. März, erfahren wir auch, dass Kolumbien die Grenze zu Venezuela geschlossen hat. Das ist insofern nichts ungewöhnliches, denn aufgrund der katastrophalen Wirtschaftslage in Venezuela kommt es zu vielen Flüchtlingen und u.U. hat die Kolumbianische Regierung die Corona-Lage nur als Vorwand für diese Grenzschließung genommen. Noch sind wir entspannt und glauben nicht, dass die Grenze nach Ecuador kurzfristig geschlossen wird. Oder?

Helen fragt vorsichtshalber per WhatsApp bei Kika nach. Vor einem Monat waren wir nördlich von Popayán auf ihrem Campingplatz in Silvia gewesen. Sie hat beste Kontakte zur Morrokanischen Botschaft in Bogota. Bei ihr stehen einige Franzosen auf dem Platz. Wir erfahren von ihr, dass Kolumbien morgen ebenfalls die Grenze nach Ecuador schließen wird! Ach, du scheiße! Schlagartig sind wir richtig nervös. Wir kommen uns wie in einem Hollywoodfilm vor. Minütlich scheint sich die Lage in der ganzen Welt zu ändern. Überall laufen die Breaking News Ticker in den Nachrichten. Was sollen wir jetzt machen? Hierbleiben auf dem Nukak-Platz? Aber der wird unter Umständen bald verkauft, außerdem regnet es hier zu viel und ob wir auf die Dauer kalt duschen wollen? ... wie lange dauert so ein Lockdown überhaupt? Keiner weiß was!

Unsere Gedanken kreisen wild in unseren Köpfen herum, wir versuchen nachts Schlaf zu bekommen, aber das ist unmöglich, zumal es mal wieder in Strömen regnet und laut auf Winnietwos Dach prasselt. Dennoch beschließen wir morgen früh weiter zu fahren. Schließlich kann es mit dem Lockdown in Kolumbien noch etwas dauern und vielleicht schaffen wir es dann auch noch bis zu Kikas Campinglatz in Süden des Landes.