28.01. - 08.02.2022: Ibarra - Laguna de Yahuarcocha - Otavalo - Papallacta - Peña Pivico - Baeza

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Der Finca Sommerwind Campingplatz von Hans ist bei allen Overlandern sehr bekannt und gilt als einer der besten in ganz Südamerika. Ich habe Hans vor ziemlich genau zwei Jahren auf unserer Durchreise auf dem Parkplatz vom Supermaxi in Ibarra kennengelernt. Wir hatten uns damals 5 Minuten unterhalten und ich habe ihm versprochen, dass wir spätestens in 3 Monaten zu ihm kommen. Und dann kam die Pandemie! Fast genau zwei Jahre später sind wir jetzt aber hier und genießen die 8 Tage. Hans, seine Frau und die Mitarbeiter sind super nett und hilfsbereit.

Wir lernen Carla, Tim und ihre drei Töchter kennen. Die Deutsche Familie hatte sich vor 8 Monaten einen Van in Kolumbien gekauft und ihn neu ausgebaut, um damit zu reisen. Sehr weit sind sie nicht gekommen. In Kolumbien waren sie die ersten 7 Monate, nun mieten sie auf Hans' Grundstück ein Haus und überlegen, wie es nun weitergehen soll. Kurz nach Öffnung der Grenze in Rumichaca sind sie nach Ecuador eingereist und Carla erzählt mir, dass sie 2 Millionen Pesos (500 US$) Strafe für den einen Monat, den sie zu lang in Kolumbien waren, bezahlen mussten. Die Option mit der Deportation wollten sie nicht wählen, da sie eventuell noch einmal nach Kolumbien fahren.

Ein paar Tage lang steht eine französische Familie direkt neben uns. Zwei Erwachsene, 4 Jungs und ein Hund reisen in einem Jeep mit Wohnanhänger herum - auf engstem Raum! Faszinierend, aber nichts für uns!

Ansonsten stehen noch etwa 11 von ehemals 33 Wohnmobilen bei Hans, die dort während der Pandemie abgestellt wurden. Hans erzählt mir, dass das Zollamt in Ecuador jetzt richtig Stress macht. Offiziell ist die Grenze seit dem 15. Dezember 2021 offen und das bis dahin suspendierte TIP (das Formular für die Fahrzeugeinfuhr nach Ecuador) läuft jetzt entsprechend weiter. Ursprünglich hat man 90 Tage und je nachdem, wie viele Tage man schon vor der Pandemie in Ecuador war, stehen jetzt nur noch die restlichen zur Verfügung. Das bedeutet, dass die Besitzer dieser Fahrzeuge noch vor Ablauf der 90 Tage nach Ecuador zurückkehren müssen, um das Fahrzeug über die Grenze zu fahren. Bei einigen ist das aber im Moment nicht möglich, da sie schulpflichtige Kinder haben, die zur Zeit in ihren Ländern nicht aus dem Unterricht kommen. Nun will das Zollamt für jeden überzogenen Tag 400 US$ Strafgeld haben! Der Hammer! Wären wir davon betroffen, würde das nach 15 Tagen den Fahrzeugwert von Winnietwo schon übersteigen. Hans ist jetzt in Verhandlungen mit den obersten Behörden, aber eine Lösung gibt es zur Zeit noch nicht. Das sind so die Pandemie-Probleme mit denen wir Langzeitreisenden uns herumschlagen müssen.

Die ersten 5 Tage regnet es viel in Ibarra. Leider kommen damit auch die lästigen Beißfliegen, die sich oberhalb der Grasnarbe auf unsere nackten Füße und Beine stürzen. Also müssen wir Socken und lange Hosen tragen, obwohl es recht warm ist. Zum Glück reißt der Himmel nachmittags immer ein bisschen auf und wir können 2 bis 3 Stunden um die Laguna de Yahuarcocha herumlaufen. Für die 11km braucht man so um die 2 Stunden und 20 Minuten.

Gegenüber vom Campingplatz gibt es eine Rennstrecke - das Autódromo Internacional José Tobar. Die ursprüngliche Strecke rund um den See wurde 1970 fertig gestellt, ist heute aber nicht mehr im Gebrauch, da die Gefahr in den See zu stürzen zu groß war. Die heutige Strecke ist mit 3650m deutlich kürzer. Innerhalb der Woche trainieren einige Fahrer dort und es ist ziemlich laut. Am Wochenende findet dann ein Rennen statt, Zuschauer gibt es aber nur sehr wenige.

Hans erzählt uns von einem Wanderweg den Berg rauf. Von oben soll man einen tollen Blick auf die Laguna de Yahuarcocha und den Campingplatz haben. Na, das hört sich doch interessant an und wir machen uns auf den Weg. Es geht steil den Berg hoch und ich kämpfe schon nach wenigen Minuten mit der Höhe. Mein Puls rast und ich fühle mich schwindelig. Seitdem wir Barichara verlassen haben, sind wir sportlich nicht mehr sonderlich aktiv gewesen und die Fitness fehlt. Aber Schritt für Schritt geht es weiter nach oben und am Ende schaffen wir die ganze Wanderung in unter 3 Stunden. Sie hat sich echt gelohnt ... die Blicke von oben auf Ibarra und die Laguna sind fantastisch (siehe Video unten). Wir gönnen uns anschließend ein leckeres Essen bei Hans im Garten. Endlich mal wieder Leberkäse für mich!

An unserem sechsten Tag hier kommt endlich mal die Sonne den ganzen Tag über raus und es gibt eine Schlange an der einzigen Waschmaschine. Wir sind an dritter Stelle und müssen unsere eigene Wäscheleine zwischen den Bäumen spannen, da die anderen Leinen schon voll sind. Während ich bei Carla und Tim oben im Haus bin, checkt Helen unsere Wäsche und sieht, dass wir Vogelscheiße auf dem Bettlaken haben! Die restliche Wäsche sieht okay aus und Helen ist gerade dabei sie auf der Leine zu drehen, damit auch die andere Seite schnell trocknet, da passiert ein unerwartetes Unglück. Helen wird von einem unbemannten Fahrzeug von hinten angefahren. Sie spürt einen Schlag gegen den linken Ellenbogen und dann drückt das Auto sie durch unsere Wäsche hindurch auf einen parkenden Landrover zu. In letzter Sekunde kann sich Helen seitlich befreien - ohne zu stürzen! - und das Auto knallt mit voller Wucht vorne gegen den Landrover. Dieser hat zum Glück einen stabilen Kuhfänger und dem Landi passiert nichts. Das unbemannte Auto gehört Hans' Frau und die Haube vom Kofferraum ist ganz schön eingedellt und ein Rücklicht ist komplett zerschmettert. Was ist passiert? Das Auto war auf dem Rasen geparkt, der eigentlich nur ganz leicht abschüssig ist. Ein Mitarbeiter von Hans holt etwas aus dem Wagen und knallt dann anschließend die Fahrertür zu. Offensichtlich ist die Handbremse nicht angezogen, denn das Türknallen setzt das Auto in Bewegung. Helen steht mit dem Rücken etwa 7m entfernt und auf der Strecke gewinnt das Auto an Geschwindigkeit. Man mag sich gar nicht vorstellen, was gewesen wäre, wenn Helen zwischen den beiden Autos eingequetscht wird ... doppelter Oberschenkelbruch usw. Neben dem aufgeschrammten Ellenbogen gibt es eigentlich nur ein weiteres Opfer: unsere Wäsche! Die liegt nämlich jetzt verdreckt auf dem Rasen und muss nochmals gewaschen werden.

Während der vielen Regentage überlegen wir uns, ob wir nicht doch noch einmal auf die Galapagos Inseln fliegen sollen. Wir waren 2002 schon einmal da und hoffen auf niedrige Preise nach der Pandemie. Aber unsere Recherchen ergeben das Gegenteil. Für eine 15-tägige Tour müssten wir 5000 US$ pro Person inklusive Flug und Nationalparkgebühr hinblättern. 300 US$ pro Tag pro Person ... das ist happig! Das sind ja fast Antarktis-Preise! Obendrein muss am Flughafen von Quito ein PCR-Test gemacht werden. Sollte dieser positiv ausfallen, dann haben wir bereits 100% des Tourpreises bezahlt und können dennoch nicht auf die Tour gehen. Ein Anbieter sagt, dass wir dann die Tour zu einem späteren Zeitpunkt nachholen können, allerdings müssten wir dann uU noch den Differenzpreis obendrauf bezahlen. Die andere Anbieterin sagt, dass sie uns das Geld nicht zurückzahlen wird, schließlich kann sie so kurzfristig die Kabine nicht mehr verkaufen. Auf der einen Seite verständlich, auf der anderen Seite aber auch ein sehr hohes Risiko für uns. Wir schauen nach einer Reiseabbruch-Reiserücktritts-Versicherung und müssen feststellen, das diese nicht zahlen, wenn das Reiseland zur Zeit als Corona-Hochrisikogebiet eingestuft ist, was Ecuador noch ist. Selbst wenn dem nicht so wäre, dann kommen noch einmal mindestens 500 Euro Versicherungskosten auf uns zu. Nein, danke! Sollte der PCR Test negativ sein, dann ist auch nicht unbedingt garantiert, dass man die komplette Tour auf den Galapagos machen kann, denn wenn auch nur ein Teilnehmer auf dem Schiff Symptome zeigt, dann werden alle im nächsten Hafen getestet. Wer positiv ist, muss auf eigene Kosten 7 Tage lang in einem Hotel in die Quarantäne, das sind ebenfalls mindestens 200 US$ pro Tag. Wir entscheiden uns dagegen. Eine Woche später wird dann die PCR Testung aufgehoben, aber alles in allem ist uns das im Moment zu unsicher und auch zu teuer.

Nach unseren entspannten Tagen auf der Finca Sommerwind fahren wir noch einmal nach Ibarra. Wir brauchen eine Telefonkarte für Ecuador und müssen Geld am Automaten ziehen. Die Nacht über stehen wir an einem Sportpark, den wir noch vom letzten Mal kennen, und fahren dann an einem Samstag durch Otavalo hindurch nach Quito. Unser GPS leitet uns direkt durch das Stadtzentrum von Otavalo, wo in allen Straßen der berühmte Samstagsmarkt stattfindet. Auf der Strecke entdecken wir ein paar kleine Bizcochos Fabriken. Bizcochos sind eine Art Keksgebäck, das aber eher salzig, als süß schmeckt. Die Einheimischen essen dazu einen Morzarellakäse und oben drauf kommt dicke Kondensmilch. 8 Stück bekommt man für nur einen Dollar und ich kaufe gleich zwei Tüten.

In Quito bleiben wir dieses Mal nur eine Nacht in der Nähe vom Flughafen - wir haben die Stadt schon vor zwei Jahren ausführlich erkundet. Eigentlich wollten wir im Hostal Colibri übernachten. Laut iOverlander kostet die Nacht dort 4US$ pro Person ... das war allerdings der Preis vor der Pandemie. Jetzt wollen die doch tatsächlich 10 US$ pro Person haben! 20 US$??? Bei Hans haben wir gerade einmal 10$ bezahlt und seine Finca ist um Klassen besser als dieses Hostal! Direkt um die Ecke finden wir aber einen sehr guten Platz in einer ruhigen Straße und haben dort zum Glück einen super Internet-Empfang, denn der HSV spielt in Darmstadt und gewinnt das Spiel mit 5 zu Null!!!

Gut gelaunt geht es für uns weiter über die Berge nach Papallacta - ein berühmter Ort mit vielen Thermalbädern. So richtig vorbereitet waren wir auf die Fahrt nicht und umso überraschter, wir hoch der Anden-Pass ist ... 4063 Meter!!! Das schafft Winnietwo aber wie immer locker. Leider ist das Wetter in Papallacta bescheiden, die Wolken hängen tief und es regnet. An einem Sonntag sind die Thermalbäder proppenvoll mit Besuchern aus Quito und ich entscheide mich gegen das Baden hier. Der heiße Qualm ist ein wunderbares Transportmittel für Corona-Viren! Stattdessen gehen wir auf eine kleine Wanderung an einem Bach entlang und genießen die Natur. Erstaunlich, was so alles noch auf 3300 Metern Höhe wächst!

Am späten Nachmittag rollen wir den Berg runter zu einem Kliff, das bekannt unter Felskletterern ist. Peña Pivico liegt auf 2343 Höhenmetern und damit deutlich niedriger als Papallacta. Leider ist auch hier das Wetter extrem scheiße und wir überlegen schon, ob wir nicht doch lieber an die Pazifikküste fahren sollten. Dennoch bleiben wir zwei Nächte auf dem kostenlosen Campingplatz - wir sind die einzigen hier und genießen die Ruhe, ohne Internet, Strom und sonstigen Komfort. Helen holt doch tatsächlich mal wieder ihr eBook raus und liest - das hat sie die letzten 2 Jahre nicht mehr gemacht!

Trotz des Sauwetters fahren wir dann aber doch weiter in Richtung Amazonas. Der Plan ist bei Baeza auf die nördliche Route nach Lago Agrio abzubiegen, aber die Straße ist gesperrt. Wir erfahren im Dorf, dass das schon seit Monaten der Fall ist. Es hat schwere Erdrutsche gegeben und die Straße wird auf vielen Kilometern komplett neu gemacht. Eine Öffnung der Straße wird also noch etwas dauern. Zum Glück gibt es aber auch noch die Möglichkeit über eine südliche Route nach Lago Agrio und weiter bis zum Cuyabeno Reservat zu fahren. Denn dort wollen wir eine Dschungeltour machen, aber dazu mehr in den kommenden Berichten.