09. - 11.02.2022: Amarun Wasserfall - Aguaventura

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Nachdem wir unsere letzte kühle und sehr regnerische Nacht auf etwa 1000 Höhenmetern verbracht haben, geht es nun für uns runter ins heiße Amazonasbecken. Wir biegen bei Narupa auf die E20 ab und die ersten 45km geht es in vielen Serpentinen durch den Regenwald auf einem Straßenbelag mit vielen Schlaglöchern und abgesenkten Teilstücken. Deutlich sichtbar hat sich der viele Regen hier in die Fahrbahn gefressen und da die nördliche Route nach Lago Agrio geschlossen ist, rollt auch der ganze Schwerlastverkehr - vor allem die vielen Tanklaster - auf dieser Strecke. Einige Dorfbewohner am Wegesrand versuchen sich ein paar Dollar mit dem Füllen der Schlaglöcher zu verdienen, aber die meisten Fahrzeuge rasen unbeeindruckt an ihnen vorbei ... es sind einfach zu viele Schlaglöcher auf dieser Strecke und wir rollen mit maximal 30km/h dahin.

Die Sonne scheint, es regnet nicht ... super! Eigentlich freuen wir uns immer über so ein Wetter, aber mit jedem Kilometer weiter geht es runter ins flache Amazonasbecken und die Hitze und Luftfeuchtigkeit nimmt zu. Puuuhhh ... halten wir das aus?

Vorab haben wir uns diverse Haltepunkte auf dieser Strecke nach Lago Agrio ausgeguckt, aber da wir die gleiche Strecke in wenigen Tagen wieder zurückfahren werden, überspringen wir jetzt den ein oder anderen, damit wir auch für die Rückfahrt noch ein paar Highlights haben.

Unser erster Tagesstopp sind die Amarun Wasserfälle. Wir haben dafür nur die GPS-Koordinaten und müssen im Dorf Sumaco dann doch erst einmal einen Einheimischen fragen, wie wir denn da nun hinkommen. Er springt gleich im sein Auto und wir sollen einfach nur folgen. Sehr nett! Allerdings wird die Schotterstraße immer enger ... er ist mit einem Allrad-Fahrzeug unterwegs und drückt auf die Tube ... wir werden immer langsamer, denn jetzt geht es auf einmal auch noch steil bergab auf einem sehr steinigen Stück. Bei Helen gehen alle Alarmglocken an ... kommen wir da überhaupt wieder hoch? Etwa einen halben Kilometer vor dem Parkplatz bei den Wasserfällen fahren wir bei einem unbewohnten Haus links ran und parken dort. Der Blick nach vorne durch die Windschutzscheibe verheißt nichts gutes.

Ich steige aus und laufe zu Fuß weiter. Die Straße führt entweder über eine wackelige Holzbrücke oder links daneben über eine recht unbefestigte Umgebung weiter. Gut, dass wir stehen geblieben sind! Der nette Einwohner hat offensichtlich bemerkt, dass wir ihm nicht mehr folgen ... er kommt mir mit fragendem Gesicht entgegen. Ich erkläre ihm, dass der Weg nicht gut genug für unser Womo ist und bedanke mich für seine Hilfe. 300 Meter weiter komme ich dann zum Parkplatz - eine große, runde Sackgasse, in der man herrlich hätte übernachten können. Ein kleiner Steg führt über einen Bach auf das Gelände des Touristenzentrums. Die einheimischen Kichwas haben hier eine sehr schöne Anlage gebaut mit Übernachtungshütten, einem Restaurant und überdachten Tischen, eine tolle Gartenanlage und sehr gut angelegte Wanderwege zu den Wasserfällen. Normalerweise zahlt man hier wohl Eintritt, aber die Gebäude sind geschlossen (innerhalb der Woche oder wegen der Pandemie?) und ich kann kostenlos in aller Ruhe und ganz alleine alles erkunden.

Die Wasserfälle laden zum Baden ein. Das Wasser ist kristallklar, aber ich habe leider keine Badesachen dabei. Schade, denn mir läuft der Schweiß! Helen hat in der Zwischenzeit auf Winnietwo aufgepasst und schaut sich diese tolle Anlage nach mir an. Von diesen kleinen Paradiesen im Amazonas gibt es aber mehrere und nur 30km weiter stoppen wir beim Centro Ecoturistico Aguaventura. Die holprige Zufahrtsstraße ist zum Glück nur 400m lang und dieses Mal kein Problem für Winnietwo.

Auch hier ist der Parkplatz riesig und es gibt ein offenes, aber überdachtes Restaurant. Die Anlage gehört einer einheimischen Familie und Alexandria und ihr Mann José haben hier ein echtes Abenteuer-Paradies geschaffen. Der Eintritt ist nur 2,50 US$ pro Person und wir können kostenlos über Nacht auf dem Parkplatz stehen bleiben. Es gibt sogar eine Toilette und kalte Duschen. Super!

Es ist bereits nach 17 Uhr und die Sonne geht in einer Stunde unter, also parken wir nur schnell ein und schmeißen uns in unsere Badesachen, denn es gibt hier mehrere tolle Wasserfälle, bei denen man ins kühle Wasserbecken springen kann. Die Wege dahin sind allerdings nicht ohne. Es geht steil die rutschigen Treppenstufen runter, hier und da müssen wir uns auch an den angebrachten Seilen festhalten. Um überhaupt zu den Wasserfällen zu kommen, muss man einige Hundert Meter im Flussbett über große Steine, die unter Wasser kaum zu erkennen sind, gehen. Vorsichtig machen wir einen überlegten Schritt nach dem anderen, aber am Ende lohnt sich das total. Vor uns liegt eine Art Amphitheater mit einem 20m hohen Wasserfall. Das Wasser sieht etwas Braun aus und ist richtig kalt, denn es kommt aus den Bergen. Herrliche Abkühlung! Leider ist es schon sehr dunkel und unsere Unterwasserkamera hat ein wenig Probleme mit dem wenigen Licht.

Anschließend brauchen wir allerdings wieder 20 Minuten nach oben zum Parkplatz und trotz der Abkühlung schwitzen wir schon wieder, insofern tut die kalte Dusche richtig gut! Inzwischen haben wir auch mächtigen Kohldampf und freuen uns auf ein gemütliches Abendessen im Restaurant. In Winnietwo herrschen noch über 30°C - Kochen ist da keine Option! Für 5$ pro Teller haben wir die Wahl zwischen Huhn oder Fisch mit Beilagen, Wir entscheiden uns für die Pollos á la Plancha - gegrilltes Hühnerfilet mit Knobi. Dazu gibt es einen Salat und richtig leckere Kartoffeln und einen ganzen Krug mit frischem Brombeersaft. Köstlich!

Nach dem Essen zeigt uns Alexandria eine riesige Vogelspinne, die in einem Erdloch neben dem Parkplatz lebt und gerade in der Öffnung auf eine Mahlzeit wartet. Nachts begleitet uns das laute Pfeifen der Grillen, ansonsten ist es total ruhig. Was für ein Paradies!

Am nächsten Morgen ziehen wir uns die Wanderschuhe an, um das ganze Gelände und die anderen Wasserfälle zu erkunden. Wer will kann sich hier auch an den Fällen abseilen lassen oder eine geführte Tour durch diese wunderbare Natur machen. Der gestrige gezahlte Eintritt gilt für heute auch noch und so lassen wir uns Zeit bei unserer Wanderung. Helen entdeckt eine rote Spinne, die sich aber nach einer Online-Recherche als Raubwanze herausstellt. Viele Bilder habe ich dazu im Internet nicht gefunden. Offensichtlich sieht man sie nicht sehr häufig.

Nach der schweißtreibenden Wanderung ziehen wir uns wieder die Badesachen an und baden bei dem größten Wasserfall. Erneut sind wir die einzigen vor Ort. Sicherlich ist das hier am Wochenende um einiges voller, denn der große Ort Loreto liegt nur gute 10km entfernt. Und dann haben wir auch noch das Glück eine große Gruppe von Schwarzmantel-Tamarinaffen aus der Nähe in aller Ruhe zu beobachten. Aus dem Nichts heraus tauchen diese kleinen Affen beim Restaurant auf und fordern mit fiependen Lauten eine große Ration kleingeschnittener Früchte. Mango und Banane kommt bei allen gut an! Sie hüpfen wie beim Spingbockturnen übereinander rüber, streiten sich um die besten Stücke und sind ganz schön wählerisch! Aber echt süß! Wir beschließen bei der Abfahrt auf jeden Fall wieder hier einen Stopp auf dem Rückweg einzulegen. War einfach super hier!

Für uns geht die Fahrt weiter durchs Amazonasbecken nach Norden. Es ist heiß und auf unserer Durchfahrt durch Coca wird uns von dem Geruch fast schlecht. In Coca befinden sich die vielen inländischen und ausländischen Ölraffinerien und das riecht man ... die Luft ist kaum zum Atmen und sicherlich nicht gesund! Vor ein paar Tagen hat es einen schweren Erdrutsch am Zusammenfluss vom Río Coca und Río Napo gegeben. Eine der Ölpipelines ist schwer beschädigt worden und jetzt läuft Rohöl in die beiden Flüsse. Eine Naturkatastrophe, die das Trinkwasser von 60.000 Menschen in dieser Region kontaminiert hat! José hatte mir erzählt, dass es in dieser Region 5000 Ölquellen gibt, 90% davon werden von ausländischen Firmen betrieben, die nicht wirklich daran interessiert sind, dass hier die Natur so wenig wie möglich Schaden nimmt. Wenn denen was passiert, dann hat die Ecuadorianische Regierung eigentlich keine Handhabe, um eine Wiedergutmachung oder Beseitigung der Katastrophe zu erzwingen, denn die Verträge mit den ausländischen Firmen beinhalten eine Klausel, dass mögliche Gerichtsverfahren in den jeweiligen Ländern und nicht in Ecuador stattfinden. Aber daran ist die Regierung von Ecuador selbst Schuld und die Leidtragenden sind die vielen indigenen Stämme Ecuadors in der Amazon Region, denn sie verlieren nach und nach jegliche Lebensgrundlage und werden teilweise aus Profitgründen auch noch vertrieben. Sehr, sehr traurig das Ganze, denn der Amazon hier verfügt über eine einzigartige Flora und Fauna - nirgendwo anders auf unserem Planeten gibt es so eine Vielfalt!

20km vor Lago Agrio stellen wir uns für die Nacht neben einem Sportplatz in das kleine Dorf El Eno. Ein Fluss mit kaltem Wasser fließt direkt neben unserem Stellplatz vorbei. Das Balneario (die natürliche Badeanstalt) ist bei den Einheimischen sehr beliebt. Nach Feierabend kommt Kind und Kegel und erfreut sich am Planschen in dem flachen Gewässer. Wir stehen hier total sicher und ruhig über Nacht, allerdings ist es monsterheiß in Winnietwo ... kaum auszuhalten!

Am nächsten Tag fahren wir nach Lago Agrio. Wir müssen einkaufen und Geld am Automaten ziehen. Die große Stadt ist belebt und da sie grenznah zu Kolumbien ist, reiht sich ein Elektronikladen an den anderen. Wir erfahren ein paar Tage später aber, dass es sich hier häufig um gefälschte oder defekte Ware handelt und man trotz der guten Preise hier lieber nichts kaufen sollte. Anschließend geht es für uns weiter nach Osten, immer am Río Aguarico entlang auf der E10 zum Naturreservat Cuyabeno. Die Straße ist bis auf einige Teilstücke durchgehend geteert und wir kommen noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang dort an.

Laut iOverlander kann man nicht nur kostenlos bei der Rangerstation stehen, sondern direkt an der Puente Cuyabeno auch Bootstouren in diesen tollen Dschungel buchen. Senior Modesto wird von vielen gelobt und wir suchen in direkt vor Ort auf. Er ist ein kleiner, älterer, aber sehr drahtiger Mann und wohnt in einem großen Holzhaus direkt am Río Cuyabeno. Gerne hätten wir mit ihm morgen eine Tagestour gemacht, aber er darf im Moment leider keine Touristen auf seinem eigenen Boot durch diese wunderbare Natur fahren ... ihm fehlt die entsprechenden Lizenz. Aufgrund der Pandemie mussten die vielen Lodges im Dschungel monatelang schließen und jetzt kommen zwar wieder nach und nach Touristen, aber die 16 Lodges sind nicht ausgebucht. Die Ranger bestehen auf eine Lizenz für dieses Naturreservat und Senior Modesto wird erst wieder in einigen Monaten Tagestouren durchführen können, wenn alle Lodges ausgebucht sind und die Ranger in diesem Falle bei ihm ein Auge zudrücken.

Wir unterhalten uns anschließend mit zwei Rangern und sie bestätigen uns, dass man mindestens eine Übernachtung in einer der Lodges machen muss, die Touren aber nur über die Agenten in Quito gebucht werden können. Leider haben wir - wie fast überall im Amazonas - keinen Telefon- oder Internetzugang hier und können keine der Agenturen für eine Tour anrufen. Sie schlagen vor, dass wir deswegen morgen früh 20km zurück nach Tarapoa fahren, um dort das Claro-Netz zu nutzen.

Wir sind bereits darauf eingestellt und entspannen uns in Winnietwo. Ein heftiger Regensturm zieht über uns rüber und es blitzt und donnert ohne Ende. Gegen 21 Uhr ist der Sturm vorbei und einer der Ranger klopft an unsere Tür. Er möchte mit uns was besprechen. Irgendwie hat er es mit seinem Handy geschafft eine der Agenturen in Quito zu erreichen und wenn wir möchten, dann könnten wir ab morgen früh 6 Uhr eine Tour zur Tucán Lodge machen. Die 1,5 Tage inklusive Übernachtung mit 4 Mahlzeiten und einem Mittagssnack für die Rückfahrt würde uns 120$ pro Person kosten. Wir haben keine Ahnung, was bei einer eigenen Preisanfrage rausgekommen wäre, aber wenn wir schon mal hier sind, dann machen wir das doch ... ein spontaner Entschluss, den wir nicht bereuen werden!

Trotz der späten Stunde packen wir unsere Sachen in wasserfeste Säcke: Klamotten zum Umziehen, Moskitonetze für den Kopf, Fleecejacken, Snacks und Zahnbürsten ... so richtig vorbereitet sind wir nicht! Der Ranger verspricht auf unseren Winnietwo aufzupassen und wir können morgen früh die 240$ in bar an den Guide der Tucán Lodge bezahlen. Super! Alles zu diesem wirklich tollen Trip werden wir im nächsten Bericht beschreiben.