22. - 26.03.2022: Mindo

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Von unserem Übernachtungsplatz in der Nähe des Flughafens in Quito sind es etwa 120km bis Mindo. Wir überqueren im Norden von Quito mal wieder den Äquator und prompt fängt es auf der nördlichen Halbkugel an zu regnen. Typisch! Die Fahrt durch die Berge nach Mindo ist nichts für schwache Nerven. Wir sehen im dichten Nebel so gut wie gar nichts ... schade, denn die tollen Blicke in die Nebelwaldtäler sind deswegen nicht möglich. Durch die vielen Regenfälle gibt es auf der gesamten Strecke alle Hundert Meter einen Erdrutsch am Berghang direkt neben der Straße. Einige sehen frisch aus, aber zum Glück ist die Straße freigeräumt und wir kommen durch.

Mindo liegt auf 1700 Metern auf der Westseite der Anden und ist damit über 1000 Höhenmeter tiefer als Quito. Der Ort im Nebelwald ist weltberühmt unter Vogelkundlern. Hier findet man über 500 verschiedene Arten von Vögel - einige davon sind nur hier beheimatet. Wir sind zum ersten Mal hier und müssen erst einmal einen Stellplatz für Winnietwo finden. Man kann im Dorf frei am Fluss stehen, aber seit der Pandemie sind wir da in besiedelten Gebieten vorsichtiger. Deswegen stellen wir uns in den Garten des Menyang Hostels. Inklusive Stromanschluss zahlen wir 5 US$ pro Nacht, allerdings ohne Dusche (die kostet 3 US$ pro Person pro Nutzung!). Kein Problem, dann waschen wir uns eben mit dem Waschlappen!

Das Hostel liegt keine 5 Minuten von Ortskern und in Fußnähe zu allem, was wir brauchen. Mindo ist ein kleiner Ort mit vielleicht 2000 Einwohnern. Allerdings kommen jährlich gut 200.000 Touristen hierher und so gibt es entsprechend viele Hotels und Restaurants. Das Design der Häuser ist untypisch für Ecuador. Scheinbar leben hier viele ihren Traum von Öko-Häusern aus und entsprechend bunt und uneinheitlich sieht der Ort aus - aber nicht langweilig! Neben der Vogelbeobachtung kann man hier River Rafting, Wandern gehen, es gibt eine Seilbahn, einen Schmetterlingspark und vieles mehr. E gibt also viel zu sehen hier und so bleiben wir vier Tage.

Unser erster Ausflug geht zur Hacienda San Vicente. Auf diesem 200 Hektar großen Privatgrundstück sind mehrere Wanderwege durch den sekundären und primären Nebelwald angelegt. Tukane sollen hier häufig zu sehen sein und ab und zu auch mal der berühmte Cock Of The Rock (Andenfelsenhahn) mit seiner eigenartigen roten Kopfhaube. Seit Jahren versuchen wir ihn mal in der Natur zu sehen, aber ich nehme es vorweg ... auch heute lässt er sich nicht blicken. In Mindo findet man viele Vogellodges, wo die Besitzer die Vögel mit Früchten anlocken. Die Preise für Touren auf dem Gelände oder die Übernachtung sind aber für uns zu hoch. Allerdings hat man eine große Chance den Cock Of The Rock dort in den Bäumen zu sehen.

Auf der Hacienda San Vicente ist alles ganz natürlich angelegt. Der Eintritt pro Person liegt bei 6 US$ - auch nicht gerade wenig, aber das hält die Menschenmassen fernt und so haben wir den Pfad ganz für uns alleine, was natürlich gut für die Tierbeobachtung ist. Das Wetter ist heute gemischt und wechselhaft und wir müssen gleich am Eingang der Hacienda 20 Minuten warten, bis der Regen aufhört. Die Wanderpfade sind aber gut angelegt und begehbar. Ein Hauptpfad führt in den dichten Nebelwald und von dort aus gehen fünf Schleifen ab, die letzte ist aber wegen Unpassierbarkeit gesperrt.

Schon innerhalb der ersten 15 Minuten sehen wir einen Agouti beim Fressen einer Nuss und gleich vier Choco-Tukane (Küstentukane). Super! Die Tukane sind allerdings scheu und verstecken sich hinter den Blättern. Ich muss eine ganze Weile ruhig auf dem Pfad hocken, dann wird einer neugierig, senkt seinen Kopf und blinzelt mit mit seinen großen Augen zu. Hallo!

Wir genießen diese Wanderung in vollen Zügen! Schleife 3 führt zu einem Aussichtspunkt, von dem aus wir das ganze Mindo-Tal sehen können. Nach gut 2,5 Stunden kommt dann wieder der Regen, aber wir haben die Ponchos dabei und unter den dichten Baumkronen ist es auch nicht so schlimm. Helen rutscht voll aus und landet auf ihrem Allerwertesten. Wer unsere fast 20-jährige Reise verfolgt, weiß, dass Helen einmal im Jahr auf den Arsch fällt. Nach fünft Stunden haben wir genug für heute und entspannen uns für den Rest des Nachmittags in Winnietwo.

Am nächsten Tag hört es nicht auf zu regnen und wir nutzen den Strom, um an den Fotos und Videos von den vergangenen Wochen und Monaten zu arbeiten. Zum Glück ist das Wetter einen Tag später wieder gut und wir nehmen uns für 6 US$ ein Taxi in Mindo und fahren zur Tarabita-Station hoch. Diese Seilbahn ist eine der Hauptattraktionen in Mindo. An einem über 500 Meter langen Stahlseil hängt ein gelber Korb mit dem man sich über die 150m hohe Rio Nambillo Schlucht transportieren lassen kann. Die Hin- und Rückfahrt kostet $5 pro Person und beinhaltet den Eintritt zu den Wasserfällen des Nambillo Waterfall Sanctuary.

Wir sind scheinbar die ersten Besucher heute Vormittag und haben die Wanderwege zu den Wasserfällen ganz für uns alleine. Allerdings begrüßt uns nach dem Aussteigen aus der Tarabita erst einmal das laute Kreischen von Kreissägen. Vor 4 Tagen hat es hier nämlich einen Erdrutsch gegeben, der gleich den ganzen Pfad mitgenommen hat und die Arbeiter sind dabei einen neuen Weg zu bauen. Wir müssen quer über den Erdrutsch rüber und entdecken dabei einen großen Wurm. So einen Oschi haben wir noch nie gesehen! Ich recherchiere später, dass diese Erdwürmer sogar bis zu 2 Meter lang werden können. Wahnsinn!

Dadurch, dass wir die ersten hier sind, entdecken wir noch weitere interessante Waldbewohner auf dem Weg zu den Wasserfällen - einen weiteren kleinen Wurm, einen grünen Tukan und Helen tritt fast auf eine Eidechse, die dann ganz erschrocken auf dem Weg sitzen bleibt und sich nicht mehr bewegt. Super für mich, denn ich kann in aller Ruhe Fotos und Videos machen. Erst als wir gehen und uns umdrehen, macht sich die Eidechse davon und die nächsten Besucher sehen sie nicht. Glück gehabt!

Drei Stunden laufen wir durch das Sanctuary, dann geht es mit der Tarabita wieder rüber auf die andere Seite der Schlucht. Um die Ecke ist die Station für den Minjoy Park Sessellift. Den gönnen wir uns für die Rückfahrt nach Mindo, denn wir haben keine Lust 7km auf der matschigen Straße nach unten zu laufen. Wir genießen die Oma-Tour mit tollen Blicken auf die Baumkronen des Nebelwaldes und das ganze Mindo-Tal.

Per Zufall habe ich im Internet gesehen, dass man in Mindo auch diverse Nachttouren machen kann. Nach Sonnenuntergang erwacht eine ganz andere Nebelwald-Biodiversität hier in Mindo - Reptilien, Insekten, Eulen und nachtaktive Säugetiere - wir lieben das seit unseren Nachttouren im Amazonasgebiet. Ein Kanadier - Eric - lebt seit vier Jahren in der Nähe der Tarabita-Station und führt für 15 US$ pro Person Touren durch. Wir werden um 19 Uhr bei unserem Hostel mit dem Taxi abgeholt und sammeln auf der Strecke noch vier weitere Frauen ein. Heather und Kate aus Kanada mit ihrer privaten Reiseleiterin Amanda, und Nairovis.

Eric stattet uns mit Taschenlampen aus und dann laufen wir ganz entspannt und sehr langsam für zwei Stunden auf seinem Grundstück herum. Unter fast jedem Blatt finden wir ein spannendes Insekt und wir sechs Damen sind ganz begeistert. Die Gespenstschrecken und Geißelspinnen sehen echt gefährlich und urzeitlich aus, sind aber für uns Menschen total harmlos. Überraschend schläft ein Zimtbrustmotmot direkt über dem Pfad auf einem Ast. Wir wecken ihn mit unseren Taschenlampen auf, aber er blinzelt nur müde auf uns herab.

Eric hat vor der Tour ein paar Bananen an einem Baum befestigt, um Fledermäuse anzulocken. Mehrere fliegen um unsere Köpfe herum und stürzen sich auf das süße Fruchtfleisch. Wir machen die Taschenlampen aus und spüren den Luftzug ihrer Flügel direkt neben unseren Gesichtern. Anschließend lauschen wir dem Froschkonzert. Frösche gibt es hier richtig viele - in allen Farben und Formen. Sie sind aber winzig klein und echt schwer zu entdecken. Mein Foto-Highlight ist ein Frosch, der noch den Schwanz der Kaulquappe hat. Außerdem sehen wir noch mehrere Raupen, Tausendfüßer und sogar einen Skorpion. Eine wirklich interessante und spannende Tour (schaut euch gerne das Video dazu an!).

Am nächsten Morgen ist das Wetter erneut bescheiden und wir beschließen Mindo zu verlassen. Bei Regen kannst du hier nicht viel machen. Ich gehe in die Rezeption, um unseren Inverter und das Stromkabel zu holen und der junge Mann, der die Rezeption macht, kommt auf mich zu und sagt, dass der Besitzer jetzt doch 15 US$ pro Tag von uns haben möchte. Der Strom sei so teuer. Ihm ist es sichtlich peinlich uns nach mehr Geld zu fragen, denn er selbst hat mir vor ein paar Tagen ja den Preis von 5 US$ genannt. Ich lehne natürlich ab. So etwas kann ich gar nicht haben! In der gesamten Zeit, in der wir hier sind, hat es nicht einen Gast im Hostel gegeben. Das allerdings auch nicht gerade den saubersten und sichersten Eindruck macht. Die Eingangstür hat eine zerbrochene Scheibe direkt über dem Schloss ... da wollte oder ist wohl jemand mal eingebrochen. Und nun sollen wir mehr bezahlen, weil sie ihr Business anderweitig nicht bekommen?

Generell zahlt man in Ecuador recht wenig fürs Campen. Das höchste für uns waren bis dato 10 US$ pro Nacht, aber da war dann ein Pool, eine Dusche, ein sauberes Klo, Strom, WiFi usw. schon alles mit inbegriffen. Ich mache meinem Ärger über diese Situation Luft. Der junge Mann kann ja nichts dafür, dass sein Boss den Preis erhöht, aber hätten wir diesen Preis vorher gewusst, wären wir natürlich woanders hingegangen. Am Ende zahle ich ihm 2 US$ mehr, um etwas von den angeblich hohen Stromkosten auszugleichen und er gibt sich geschlagen. Dennoch hinterlässt diese Aktion bei uns einen schlechten Beigeschmack. Nach der Pandemie haben einige wenige Plätze ihre Preise unverschämt erhöht, die meisten zum Glück nur um 1 oder 2 Dollar, was ja okay ist.

Gegen Mittag verlassen wir Mindo und machen uns auf den Weg runter zur Pazifiküste. Dazu mehr im nächsten Bericht.