26. - 30.03.2022: Pazifikküste - Puerto López

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Unser Plan ist es, von Mindo aus in Richtung Nordwesten nach Esmeraldas am nördlichen Ende der ecuadorianischen Küste zu fahren und drei Wochen lang den größten Teil der Küste von Norden nach Süden zu erkunden. Was wir jedoch noch nicht wissen, ist, dass uns einige Überraschungen bevorstehen werden!

Wir schaffen es vor Sonnenuntergang nicht ganz bis nach Esmeraldas und übernachten 50km südöstlich der Küste auf einer Tankstelle in Viche. Die erste Überraschung kommt um 23.15 Uhr. Wir machen uns gerade bettfertig und Helen will gerade unser Dachfenster schließen, da schüttelt es uns gewaltig hin und her. Helen fällt fast um!! Ein Erdbeben!!

Ich ziehe mich schnell an und renne nach draußen. Wir stehen neben den Lastwagen an der Seite der Tanke. Gott sei Dank, sind der Lichtmast und die Bäume weiter weg. Unter dem Dach mit den Zapfsäulen steht keiner mehr, alle sind auf die freie Fläche geflüchtet und eine Frau kommt in einem roten Pyjama aus dem Gebäude gerannt!!! Keiner ist verletzt! Alle Lasterwagenfahrer kommen schlafwandelnd aus ihren Kabinen. Jeder versichert sich, dass alle anderen okay sind und nach ein paar Minuten gehen wir alle wieder ins Bett. Puh! So ein starkes Erdbeben jagt einem schon Angst ein.

Am nächsten Tag erfahren wir, dass es die Stärke 6 auf der Richterskala hatte. Das Epizentrum lag direkt vor der Küste von Esmeraldas!!! Gut, dass wir es nicht mehr bis dahin geschafft haben! 30 Minuten später gab es noch einmal ein Nachbeben mit einer Stärke von 5,2 auf der Skala! Mehrere Gebäude in Esmeraldas wurden beschädigt, und es gab widersprüchliche Berichte über Verletzte oder Tote. Erdbeben sind hier keine Seltenheit, und wir haben auf unseren Weltreisen schon einige erlebt, aber dieses war schon sehr heftig und extrem nah dran!

Die nächste Überraschung ist die Küste selbst. Wir fahren über die Umgehungsstraße von Esmeraldas zur Küste, und ein Badeort ist hässlicher als der andere. Das hatten wir überhaupt nicht erwartet! Wir hatten uns auf kleine, gemütliche Strände gefreut, stattdessen sehen wir Hochhaussiedlungen oder riesige Hotelburgen. In Sua wollen wir am Strand eine Mittagspause einlegen, aber das Parken an der Promenade ist nicht erlaubt und im Ort sind die Straßen schlammig. Also geht es gleich weiter in der Hoffnung, dass es besser wird.

Wir fahren weiter bis zur Abzweigung zu einem Campingplatz, auf dem wir eigentlich 4 Nächte bleiben wollen. Die Straße dorthin ist aber nicht geteert, sondern aus Schlamm und Schotter, und bis zum Campingplatz am Strand sind es 10km. Wir beschließen, nicht auf die unbefestigte Straße zu fahren, da wir nicht wissen, wie die Bedingungen auf der weiteren Strecke sind und jeder Regen sie unpassierbar machen könnte. Außerdem soll die Nacht auf dem Camping um die 14 Dollar kosten und es soll in der Regenzeit viele Moskitos geben. Nein, danke!

Je weiter wir gen Süden fahren, umso heißer wird es! Wir schwitzen uns tot bei 34°C im Schatten. Ein Teil der Küstenstraße ist zudem gerade gesperrt, und so müssen wir einen langen Umweg ins Landesinnere machen und die nächsten Nächte an Tankstellen verbringen. Die Hitze macht uns wirklich zu schaffen, und unser GPS hat auch Probleme - es führt uns ständig auf die falschen Straßen. In San Vincente wollen wir die Kirche besuchen, aber sie ist geschlossen. Seuftz! Irgendwie finden wir hier nicht wirklich etwas Sehenswertes.

Über eine lange Brücke geht es nach Bahia de Caraquez rein. Die Stadt wurde 1998 durch ein Erdbeben zerstört und zu einer "Ökostadt" wieder aufgebaut. Was daran Öko ist, lässt sich auf den ersten Blick nicht erkennen. Die Stadt sieht verloddert aus. Wir fahren am Wasser um die Halbinsel herum, um den Leuchtturm zu sehen - ein winziges Ding im Sand!!!

In Cañitas ist die Hauptstraße überschwemmt!!! Auch die Seitenstraßen sind überflutet. Wir fahren langsam durch das mindestens 20cm tiefe Wasser! Highlight des Tages ist unser Übernachtungsplatz hinter einer Tankstelle in Rocas Fuerte. Die Besitzer eines Hostels mit Restaurant erlauben uns die ruhige Übernachtung auf dem Parkplatz. Um 23 Uhr sind es immer noch 31,4°C bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit im Fahrzeug.

Am nächsten Tag geht es auf einer sehr schlechten Straße ins Landesinnere nach Montecristi - der ursprünglichen Stadt, aus der all die falsch benannten Panamahüte stammen. Die Straßen sind extrem steil, aber es gelingt uns einen weniger abschüssigen Parkplatz zu finden. Ich springe aus dem Auto und mache ein paar Fotos und Videos von der Kirche im Ort - auch kein Muss!

Unser Weg gen Süden führt jetzt zum Glück wieder am Meer entlang und langsam gefallen uns auch die kleinen Orte. Fischerboote liegen auf den Stränden, kleine Restaurants bieten günstige Fischgerichte an und man hat freien Zugang zu den Stränden ohne von Häuserschluchten erschlagen zu werden. So hatten wir uns das eigentlich auf der ganzen Küstenstrecke vorgestellt.

Bei einer Polizeikontrolle fahren wir über einen hohen Tope und schlagen heftig mit dem Auspuff auf. Einer der Gummiringe löst sich und der Auspuff hängt fast auf der Straße - und das alles direkt vor den Polizisten. Sie wollen nur unsere Papiere kontrollieren und wundern sich, dass ich aussteige und mich auf die Straße knie, um nach dem Auspuff zu gucken. Der ist gerade viel zu heiß, um ihn wieder zu befestigen. Ich stecke den Gummiring ein und kümmere mich um die Papiere für die Polizisten, die ganz entspannt unsere Situation beobachten.

Am späten Nachmittag kommen wir in Puerto López, dem einzigen sehenswerten Ort an der Küste, an! Ich mache mich zu Fuß im Ort auf und erkunde die Campingplätze. Diese sind aber entweder zu teuer oder für uns nicht zugänglich. Stattdessen stellen wir uns für die Nacht auf einen Parkplatz neben dem Hotel Victor Hugo und genießen im Restaurant leckere Fish & Chips nach ecuadorianischer Art und den schönen Sonnenuntergang. Im Fernsehen läuft das WM-Qualifikationsspiel Ecuador gegen Argentinien - sehr wichtig für alle hier!!!

Nach dem Essen machen wir einen Spaziergang entlang der Strandpromenade. In den Restaurants läuft überall die zweite Halbzeit und kurz vor Ende des Spiels wird es auf einmal laut. Ecuador bekommt buchstäblich in letzter Minute einen Elfmeter zugesprochen. Ein 1:1 gegen Argentinien würde reichen und Ecuador hätte sich für die WM in Katar qualifiziert!!! Wir bleiben stehen und der Elfer geht rein! Die Leute rasten vor Freude aus! Als eingefleischte Fußballfans können wir diese Euphorie natürlich bestens verstehen.

Normalerweise ist Puerto López ein sehr guter Ausgangspunkt für Walbeobachtungs- und Schnorchelausflüge. Aber im Moment finden keine statt - die gehen erst Ende Mai/Anfang Juni los. Deshalb bleiben wir nur eine Nacht, aber die ist wieder schrecklich heiß mit vielen Moskitos.

Am nächsten Morgen gehe ich zum Strand runter und sehe, dass ca. 500m weiter entfernt viele Vögel über den Fischerbooten kreisen. Während Helen Winnietwo fahrbereit macht, laufe ich zum Geschehen. Eines der Fischerboote wird entladen und die Jungs rennen mit den vollen Kisten um ihr Leben und zu einem wartenden Laster, während sich Hunderte von Fregattenvögeln auf sie stürzen, um einen der Fische aus den Boxen zu klauen. Was für ein Spektakel! Ich schaffe es tatsächlich eine Stunde lang nicht von Vogelscheiße getroffen zu werden!

Wir lassen die Halbinsel Salinas aus und verlassen die Küste. Auf einer sehr schön ausgebauten Autobahn geht es nach Guayaquil und wir wühlen uns dort durch den dichten Verkehr und die Innenstadt. Das Einzige, was wir sehen wollen, ist der renovierte Malecón, aber wir finden keinen Parkplatz. Es gibt eine Tiefgarage unter dem Malecón, aber wir passen nicht in die Einfahrt. Also wird daraus auch nichts. Guayaquil gehört mit zu den gefährlichsten Städten Südamerikas und wir haben kein Interesse uns die Stadt im Detail anzugucken.

Unser Fazit zur Pazifikküste von Ecuador: 970km in 4 Tagen gefahren und nicht viel gesehen! Puerto López lohnt sich bestimmt zur richtigen Jahreszeit, aber den Norden der Küste kann man sich getrost ersparen.

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